Bürgerinitiative für Demokratie und Vielfalt möchte sich am Maifest beteiligen
Viele Fragen rund um lange Tafel
von Dietrich Harhues, WN
SENDEN. Das Maifest zeichnet sich ab. Doch wie es gefeiert wird, das hängt nicht zuletzt von der Beteiligung der Bevölkerung und örtlichen Gruppen ab. Die Gemeinde sucht noch Akteure für die große Bühne am Parkplatz Mertens und als Standbeschicker. Ein Programmpunkt, der das Fest am Muttertagswochenende ergänzen könnte, wurde bereits in sozialen Netzwerken öffentlich angekündigt, doch das hat Fragen aufgeworfen.
Die Bürgerinitiative für Demokratie und Vielfalt, die schon die Kundgebung am 25. Februar in Sendens Ortskern organisiert hatte, will sich am Maifest mit einer langen Tafel beteiligen, die sich zwischen Rathaus und Kirchplatz auf der Münsterstraße erstrecken soll.
Der Schwung, eine große Anzahl von Menschen und Vereinen zu einem Bekenntnis zu Demokratie und Vielfalt bewegt zu haben, sollte fortgesetzt werden. „Es war klar, dass wir mit der Demo vom Februar nicht aufhören wollten“, fasst Bernd Lieneweg als einer der Sprecher der Bürgerinitiative den Tenor in der Gruppe zusammen.
Es kam die Idee auf, ein Picknick anzubieten, an dem sich Vereine und Einzelpersonen beteiligen könnten, indem sie einen oder mehrere Bierzelttische gebucht hätten. Ähnliches hatte vor vielen Jahren das Netzwerk Senden auf der Herrenstraße auf die Beine gestellt. Der Erlös zwischen den Kosten, die der Bürgerinitiative entstehen, und der Tischmiete sollte gespendet werden.
Soweit der Plan, der in der größten Sendener Facebook-Gruppe gepostet wurde, mit dem Hinweis auf den 12. Mai, aber ohne Hinweis, dass die Aktion ein Teil des Maifestes sein sollte.
Ein erstes Sondierungsgespräch mit der Gemeinde haben die Initiatoren, wie es im Gespräch mit unserer Redaktion heißt, als „Zusage“ wahrgenommen. Weshalb auch schon eigene Werbemittel wie Plakate und Banner erarbeitet worden seien. Bei einem zweiten Treffen an diesem Donnerstag im Rathaus folgte der Dämpfer: Vertreter des Fachbereichs Wirtschaftsförderung, Tourismus, Kultur, darunter Ressortleiter Niklas Esser, sahen Probleme auf mehreren Ebenen. Grundsätzliche Fragen warf auf, dass die Bürgerinitiative ein politisches Statement abgeben will: „Für Vielfalt und Demokratie“, verbunden mit dem Hinweis auf den 75. Geburtstag des Grundgesetzes, der sich fast genau mit dem Maifest deckt und begangen werden soll.
Esser betonte am Donnerstag gegenüber der Redaktion: „Das Maifest darf keine politische Veranstaltung werden.“ Die Verwaltung äußerte die Befürchtung, dass bei einer Genehmigung andere politische Gruppierungen, die weniger unverfänglich sind, ebenfalls versuchen könnten, den Rahmen eines Festes zu nutzen. Bürgermeister Sebastian Täger bestätigte am Donnerstagabend: „In der Vergangenheit haben wir das restriktiv gehandhabt.“
Aber es wurde weiter geprüft. Mit dem am Freitag auf Anfrage mitgeteilten Ergebnis, dass eine politische Äußerung, die so allgemein gehalten und in keinster Weise parteipolitischer Natur ist, für die Gemeinde auch auf einem Volksfest in Ordnung sei. „Daran sollte es definitiv nicht scheitern“, sagte Esser.
Die Gemeinde, die die Idee der langen Tafel als Bereicherung sieht, weist darauf hin, dass das Konzept auch in einem anderen Rahmen zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden könne.
Die zweite Ebene, wo Hürden lauern: Die Bürgerinitiative, eine lose Gruppe, müsste sich als Veranstalter formieren und dafür womöglich eine bestimmte Rechtsform bilden, damit unter anderem ein Haftungsrisiko, das mit solchen Veranstaltungen einhergeht, aufgefangen werden kann. Darüber hinaus muss sich die Bürgerinitiative, die Teil des Maifestes sein möchte – um „Synergien zu nutzen“ – an die Spielregeln halten: Dazu zählt der Verzicht auf mitgebrachte Speisen und Getränke sowie auf Glas, das auf dem Festgelände tabu ist.
Die heimische Gastronomie, die bisher nur ansatzweise von den Lange-Tafel-Veranstaltern direkt informiert worden war, müsse einbezogen und gewährleistet werden, dass den Betrieben kein Verzehr durch die Lappen gehe. Bei Ankündigungen der Veranstaltung müssten Gemeinde/Gewerbeverein und die Initiative an einem Strang ziehen.
Bis Montag hat die Gruppe rund um Bernd Lieneweg und Thomas Kerkenhoff nun Zeit, ihr Konzept anzupassen. Dann könnte das Maifest neben den Klassikern einen neuen Programmpunkt bekommen.
Politische Statements auf Maifest alles andere als trivial
Von Dietrich Harhues
Wie viel Politik verträgt ein Volksfest, mit welchen Äußerungen fängt Politik überhaupt an und welche Maßstäbe sind anzulegen in Zeiten, in denen das demokratische Fundament teils poröse zu werden droht? Keine trivialen und auch keine leicht zu beantwortenden Fragen. Weshalb die Gemeinde auch etwas Zeit und Abwägung brauchte, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Das aber ist absolut zu begrüßen. Es spricht für die Gemeinde, den Rahmen eher großzügig auszulegen. Wobei eindeutig gilt, dass der Slogan, um den es geht, fernab jeder Parteipolitik liegt und – eigentlich – von absolut jedem und jeder unterschrieben werden müsste. Die prinzipielle Erwägung, dass nun andere Akteure ein Volksfest zu ihrem Forum machen könnten, ist aber ernst zu nehmen. Wenn auch akut kein Risiko des Missbrauchs dieser Öffnung zu erkennen ist.
Neben der politischen Implikation muss sich die Bürgerinitiative für Vielfalt und Demokratie aber ins Stammbuch schreiben lassen, handwerklich bei der Planung und Ankündigung der Veranstaltung wenig geschickt vorgegangen zu sein. Vor allem die Absprache mit der Gastronomie muss erfolgen, wenn an prominenter Stelle öffentlicher Raum beansprucht wird.