Das Bundespresseamt hatte diesen Text für Bundespräsident Lübke anlässlich der Nato-Übung „Fallex 66“ entworfen. Generalmajor Bergmann wies bei der Begehung des ehemaligen Sondermunitionslagers auf diese Rede hin, die der Bundespräsident halten sollte, wenn es zum Dritten Weltkrieg gekommen wäre. Hier der Wortlaut:
„Meine lieben deutschen Landsleute diesseits und jenseits der Demarkationslinie, Soldaten der Bundeswehr. Der Friede ist in äußerster Gefahr. Heute früh haben Einheiten der sowjetzonalen Volksarmee die Demarkationslinie überschritten und erste Kampfhandlungen ausgelöst. Das ist ein Bruch des Völkerrechts. Die Aggression richtet sich nicht nur gegen uns, sondern gegen alle mit dem deutschen Volk verbündeten Mächte der Welt. Nichts haben wir in den letzten Wochen unversucht gelassen, um den Frieden zu sichern … In dieser schweren Stunde stehen wir alle zusammen.
Die Kraft, dem Unrecht und der Gewalt zu widerstehen, erwächst aus unserer Gewissheit, den Frieden leidenschaftlich gewollt und den Ausgleich gesucht zu haben. Wir sind den Weg der Verständigung bis zuletzt gegangen, dafür ist die Welt unser Zeuge. Nun, da die Waffen sprechen, ist es auch dem letzten Zweifler offenbar, wer den Krieg will. Noch haben wir aber nicht die letzte Hoffnung aufgegeben, dass die Vernunft doch noch Oberhand behält …
Wir stehen in einem weltweiten Bündnis. Unsere Freunde sind an unserer Seite. Das muss dem ganzen deutschen Volk bewusst sein, vor allem auch Ihnen, meine lieben Landsleute jenseits der Elbe. Wir wissen, dass Sie zu Freiheit und Recht stehen. Wir wissen, dass die Mehrheit unserer mitteldeutschen Jugend die Uniform Ulbrichts nicht aus Überzeugung trägt.
Lasst uns in dieser Stunde der Gefahr zusammenstehen, dass der Friede doch noch gerettet, dass die gemeinsame Freiheit doch noch errungen werden kann. Nicht nur wir, Europa darf diesem schändlichen Anschlag nicht unterliegen. Das Recht ist auf der Seite der freien Welt. Zusammen mit unseren Verbündeten sind wir stark. Jeder kann sich auf den Schutz der Bundeswehr und aller öffentlichen Organe verlassen.
Wir werden im Kampf um das Leben und die Freiheit unserer Kinder ein Beispiel jenes Mutes und jener Tapferkeit geben, die unserem Volke eigen sind. Es lebe Deutschland, es lebe Europa, es lebe die Freiheit.“
(Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL.
Vorgeschichte (aus WIKIPEDIA)
FALLEX 66 hatte einen sehr politischen Hintergrund, da bei dieser Übung auf Wunsch der Bundesregierung erstmals bundesdeutsche Politiker aktiv beteiligt waren. Die Bundesregierung nahm die sich bietende Gelegenheit wahr, um die seinerzeit noch nicht verabschiedeten und sehr umstrittenen Notstandsgesetze zu erproben.
Um die Übung realistischer scheinen zu lassen, wurde der Gemeinsame Ausschuss Ueb (übungshalber) im für den Fall eines Atomkrieges vorgesehenen Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes für Krise und Krieg (AdVB) in Marienthal untergebracht.
Beteiligt an FALLEX 66 waren über 1.200 Ministerialbeamte und Militärs und 44 Bundestagsabgeordnete, darunter auch Innenminister Paul Lücke (CDU) als Bundeskanzler Ueb. Ziel der Übung war nicht zuletzt, Bedenken der SPD-Abgeordneten gegenüber den Notstandsgesetzen auszuräumen und ihnen einen Einblick in die Regierungsverantwortung zu geben, um so die Zwei-Drittel-Mehrheit für die erforderliche Grundgesetzänderung zu beschaffen. Aus diesem Grund wurde die Große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt später auch „Bunkerkoalition“ genannt.