Die Bürgerinitiative für Demokratie und Vielfalt plant als nächste Aktion nach der Großdem ein Picknick vor der Europa-Wahl. Zum Maifest wurde das Picknick abgesagt, weil es von der Wirtschaftsförderung als Konkurrenz zu den Anbietern des Maifests verstanden wurde. Nun soll es anlässlich des 75. Geburtstags des Grundgesetzes der BRD am Sonntag, den 26. Mai gefeiert werden. Bierzeltgarnituren werden auf dem Rathaus-Vorplatz aufgestellt, so der Plan, die Leute sollen ihr Picknick mit allem Drum und Dran selbst organisieren. Robert Schneider vom Sendener Karnevalsverein will Kaffee und Kuchen zum Selbstkostenpreis anbieten.
Bürgerinitiative für Demokratie und Vielfalt möchte sich am Maifest beteiligen
Viele Fragen rund um lange Tafel
von Dietrich Harhues, WN
SENDEN. Das Maifest zeichnet sich ab. Doch wie es gefeiert wird, das hängt nicht zuletzt von der Beteiligung der Bevölkerung und örtlichen Gruppen ab. Die Gemeinde sucht noch Akteure für die große Bühne am Parkplatz Mertens und als Standbeschicker. Ein Programmpunkt, der das Fest am Muttertagswochenende ergänzen könnte, wurde bereits in sozialen Netzwerken öffentlich angekündigt, doch das hat Fragen aufgeworfen.
Die Bürgerinitiative für Demokratie und Vielfalt, die schon die Kundgebung am 25. Februar in Sendens Ortskern organisiert hatte, will sich am Maifest mit einer langen Tafel beteiligen, die sich zwischen Rathaus und Kirchplatz auf der Münsterstraße erstrecken soll.
Der Schwung, eine große Anzahl von Menschen und Vereinen zu einem Bekenntnis zu Demokratie und Vielfalt bewegt zu haben, sollte fortgesetzt werden. „Es war klar, dass wir mit der Demo vom Februar nicht aufhören wollten“, fasst Bernd Lieneweg als einer der Sprecher der Bürgerinitiative den Tenor in der Gruppe zusammen.
Es kam die Idee auf, ein Picknick anzubieten, an dem sich Vereine und Einzelpersonen beteiligen könnten, indem sie einen oder mehrere Bierzelttische gebucht hätten. Ähnliches hatte vor vielen Jahren das Netzwerk Senden auf der Herrenstraße auf die Beine gestellt. Der Erlös zwischen den Kosten, die der Bürgerinitiative entstehen, und der Tischmiete sollte gespendet werden.
Soweit der Plan, der in der größten Sendener Facebook-Gruppe gepostet wurde, mit dem Hinweis auf den 12. Mai, aber ohne Hinweis, dass die Aktion ein Teil des Maifestes sein sollte.
Ein erstes Sondierungsgespräch mit der Gemeinde haben die Initiatoren, wie es im Gespräch mit unserer Redaktion heißt, als „Zusage“ wahrgenommen. Weshalb auch schon eigene Werbemittel wie Plakate und Banner erarbeitet worden seien. Bei einem zweiten Treffen an diesem Donnerstag im Rathaus folgte der Dämpfer: Vertreter des Fachbereichs Wirtschaftsförderung, Tourismus, Kultur, darunter Ressortleiter Niklas Esser, sahen Probleme auf mehreren Ebenen. Grundsätzliche Fragen warf auf, dass die Bürgerinitiative ein politisches Statement abgeben will: „Für Vielfalt und Demokratie“, verbunden mit dem Hinweis auf den 75. Geburtstag des Grundgesetzes, der sich fast genau mit dem Maifest deckt und begangen werden soll.
Esser betonte am Donnerstag gegenüber der Redaktion: „Das Maifest darf keine politische Veranstaltung werden.“ Die Verwaltung äußerte die Befürchtung, dass bei einer Genehmigung andere politische Gruppierungen, die weniger unverfänglich sind, ebenfalls versuchen könnten, den Rahmen eines Festes zu nutzen. Bürgermeister Sebastian Täger bestätigte am Donnerstagabend: „In der Vergangenheit haben wir das restriktiv gehandhabt.“
Aber es wurde weiter geprüft. Mit dem am Freitag auf Anfrage mitgeteilten Ergebnis, dass eine politische Äußerung, die so allgemein gehalten und in keinster Weise parteipolitischer Natur ist, für die Gemeinde auch auf einem Volksfest in Ordnung sei. „Daran sollte es definitiv nicht scheitern“, sagte Esser.
Die Gemeinde, die die Idee der langen Tafel als Bereicherung sieht, weist darauf hin, dass das Konzept auch in einem anderen Rahmen zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden könne.
Die zweite Ebene, wo Hürden lauern: Die Bürgerinitiative, eine lose Gruppe, müsste sich als Veranstalter formieren und dafür womöglich eine bestimmte Rechtsform bilden, damit unter anderem ein Haftungsrisiko, das mit solchen Veranstaltungen einhergeht, aufgefangen werden kann. Darüber hinaus muss sich die Bürgerinitiative, die Teil des Maifestes sein möchte – um „Synergien zu nutzen“ – an die Spielregeln halten: Dazu zählt der Verzicht auf mitgebrachte Speisen und Getränke sowie auf Glas, das auf dem Festgelände tabu ist.
Die heimische Gastronomie, die bisher nur ansatzweise von den Lange-Tafel-Veranstaltern direkt informiert worden war, müsse einbezogen und gewährleistet werden, dass den Betrieben kein Verzehr durch die Lappen gehe. Bei Ankündigungen der Veranstaltung müssten Gemeinde/Gewerbeverein und die Initiative an einem Strang ziehen.
Bis Montag hat die Gruppe rund um Bernd Lieneweg und Thomas Kerkenhoff nun Zeit, ihr Konzept anzupassen. Dann könnte das Maifest neben den Klassikern einen neuen Programmpunkt bekommen.
Senden,
WN, Freitag, 18.30 Uhr
Politische Statements auf Maifest alles andere als trivial
Von Dietrich Harhues
Wie viel Politik verträgt ein Volksfest, mit welchen Äußerungen fängt Politik überhaupt an und welche Maßstäbe sind anzulegen in Zeiten, in denen das demokratische Fundament teils poröse zu werden droht? Keine trivialen und auch keine leicht zu beantwortenden Fragen. Weshalb die Gemeinde auch etwas Zeit und Abwägung brauchte, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Das aber ist absolut zu begrüßen. Es spricht für die Gemeinde, den Rahmen eher großzügig auszulegen. Wobei eindeutig gilt, dass der Slogan, um den es geht, fernab jeder Parteipolitik liegt und – eigentlich – von absolut jedem und jeder unterschrieben werden müsste. Die prinzipielle Erwägung, dass nun andere Akteure ein Volksfest zu ihrem Forum machen könnten, ist aber ernst zu nehmen. Wenn auch akut kein Risiko des Missbrauchs dieser Öffnung zu erkennen ist.
Neben der politischen Implikation muss sich die Bürgerinitiative für Vielfalt und Demokratie aber ins Stammbuch schreiben lassen, handwerklich bei der Planung und Ankündigung der Veranstaltung wenig geschickt vorgegangen zu sein. Vor allem die Absprache mit der Gastronomie muss erfolgen, wenn an prominenter Stelle öffentlicher Raum beansprucht wird.
Die letzte Generation blockierte am Nachmittag die B 235 im Ortskern von Senden. Zum ersten Mal rief die Gruppe aus dem Kreis Coesfeld auf, sich an der Aktion zu beteiligen.
SENDEN. Geht es um Wirkung um jeden Preis? Wo liegen Grenzen? Was kann ein Weg sein, um den Klimaschutz zu stärken, ohne demokratische Errungenschaften zu schwächen? Diese Fragen standen bei einer Diskussionsveranstaltung im Mittelpunkt, zu der die Agenda21-Gruppe eingeladen hatte.
Vertreter der „Letzten Generation“ im Alten Zollhaus
Die Grenzen der Grenzverletzungen
Sybille Arians schilderte ihre Motivation, sich bei der „Letzten Generation“ zu engagieren. Prof. Dr. Michael Quante (1. Reihe, l.) bezog als Philosoph Stellung zu Protest und Widerstand.
Von Dietrich Harhues
senden.Zuerst fand sie es auch „grenzwertig“ und „verstörend“, als sich Aktivisten der „Letzen Generation“ auf den Asphalt klebten oder Kunstwerke mit abwaschbarer Farbe attackierten. Seit vorigem Jahr gehört Sybille Arians selbst dieser Gruppe an, die sich auch im Kreis Coesfeld formiert und ihre Strategie inzwischen verändert hat. Weshalb sich die pensionierte Erdkundelehrerin angeschlossen hat: Sie wollte sich nach jahrzehntelangem Einsatz für Ökologie und globale Gerechtigkeit nicht mehr mit der „Wirkungslosigkeit“ ihres Engagements abfinden.
Geht es jetzt um Wirkung um jeden Preis, wo liegen Grenzen, was kann ein Weg sein, um den Klimaschutz zu stärken, ohne demokratische Errungenschaften zu schwächen? Diese Fragen standen am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung im Mittelpunkt, zu der die Agenda21-Gruppe ins Alte Zollhaus eingeladen hatte.
Die Debatte wurde lange (über zweieinhalb Stunden) und weitgehend zwischen Angehörigen oder Sympathisanten der „Letzten Generation“ und dem Vertreter des Philosophischen Seminars der Uni Münster, Prof. Dr. Michael Quante, geführt, der im Rektorat auch als Prorektor für Internationales, Transfer und Nachhaltigkeit fungiert. Die Position der neutralen oder kritischen Bürgerschaft war im Saal, dessen Plätze weitgehend besetzt waren, kaum vertreten.
Über die Ausgangslage herrschte Konsens: Angesichts von Kipppunkten beim Klimawandel müssen weltweit die Anstrengungen erhöht werden. Arians betonte, dass die dreiminütigen Verkehrsblockaden im Kreis Coesfeld in Absprache mit der Polizei organisiert worden seien. Dass weiterhin Störungen nötig seien, daran ließ die 73-Jährige keinen Zweifel. Es sei gerechtfertigt, in die Freiheit von Menschen (zum Beispiel schnelles Autofahren) einzugreifen, um dazu beizutragen, dass eine viel größere Freiheitsbegrenzung (die Möglichkeit, auf dem Planeten Erden überhaupt noch zu leben) verhindert werde. Aufsehen erregende Aktionen seien weiterhin Ziel der „Letzten Generation“, die zugleich stärker versuchen wolle, die breite Bevölkerung zu mobilisieren, kündigten Vertreterinnen und Vertreter der Gruppe an, die die Veranstaltung auch zur Mitgliedergewinnung nutzten.
Michael Quante äußerte Verständnis für die Ziele und punktuelle Grenzverletzungen, pochte aber darauf, dass ein rationaler Diskurs und die demokratischen Abläufe gewahrt bleiben. Er warnte davor, einem autoritären System Vorschub zu leisten – auch wenn das Umsetzungstempo in einer Demokratie angesichts von Brisanz und Tempo der Erderwärmung als zu langsam erscheine. Es mache keinen Sinn, auf „die Politik“ oder „die da oben“ zu schimpfen: „Die Politik, das sind wir“, so Quante.
Die Vorträge von Sybille Arians und Prof. Dr. Michael Quante sind aufgezeichnet worden und können auf dem You-Tube-Kanal der Friedensinitiative Nottuln verfolgt werden.
Hier gibt es ein sehr ausführliches Video mit vielen Redebeiträgen zu der Demo:
Und so berichteten am Montag die Westfälischen Nachrichten:
1300 Teilnehmer bei Demonstration gegen Rechtsextremismus
Sorge um die Demokratie eint alle
An vielen Stellen in der Menge plädierten selbstgebastelte Schilder über den Köpfen für Vielfalt und warnten vor Rechtsextremismus.
Von Kerstin Adass
SENDEN .Wenn man von einer wehrhaften Demokratie spricht, geht es oft um Gerichtsurteile. „Von oben“ soll geklärt werden: Wer versucht, der Demokratie zu schaden? Und wie soll darauf reagiert werden? Doch die wehrhafte Demokratie stützt sich nicht nur auf Entscheidungen von politischen Institutionen und Gerichten. Auch Bürgerinnen und Bürger sind am Schutz der Demokratie und ihrer Grundwerte beteiligt.
Wie es aussehen kann, wenn eine Demokratie sich wehrt, zeigten am Sonntagnachmittag circa 1300 Menschen in Senden bei einer Demonstration „für Demokratie und Vielfalt“. Grund für die Demo von Initiator Bernd Lieneweg war, wie in zahlreichen anderen deutschen Städten, die Alternative für Deutschland (AfD) mit ihren „Remigrations“-Plänen. Die als rechtspopulistisch und teils rechtsextrem eingestufte Partei verzeichnet seit ihrer Gründung im Jahr 2013 einen großen Zulauf an Wählerstimmen.
Die Ziele der AfD und des Rechtsextremismus generell gefährden nicht nur demokratische Werte wie Freiheit und Gleichheit, sondern auch konkrete Lebensrealitäten von Menschen bestimmter Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung. „Wir müssen das als demokratische Mehrheit verhindern“, sagte Bernd Lieneweg, der mit Thomas Kerkenhoff die Veranstaltung moderierte.
Einige der rund 1300 Demonstranten hatten sich vor der Veranstaltung zu einem Friedensgebet in der Pfarrkirche St. Laurentius zusammengefunden. Mit „liebe Mitmenschen“ begrüßte Pfarrer Oliver Rothe sie: „Denn wir sind hier als Mitmenschen versammelt, und nicht Ausgrenzung ist unser Thema, sondern aufeinander zugehen.“ Daran anschließend bat auch Pastoralreferentin Rosália Rodrigues in einer Fürbitte um „den Mut, uns selbst zu hinterfragen“ und die eigenen Vorurteile zu erkennen.
Nach dem Friedensgebet ging es für alle ein paar Meter weiter zur Bühne am Laurentius-Brunnen. Dort machte Bürgermeister Sebastian Täger den Anfang am Rednerpult: „Hier haben sich heute ganz verschiedene Menschen versammelt, die eines eint: die Sorge um unsere Demokratie.“ Und so einte alle Redner, die in Senden auf der Bühne standen, auch eine gemeinsame Botschaft: In der Demokratie ist Platz für alle – solange jeder die Grundwerte des friedlichen und toleranten Zusammenlebens respektiert.
Es folgten kurze Redebeiträge von allen fünf Parteien, die in Senden im Gemeinderat vertreten sind: CDU, SPD, Grüne, FDP und UWG. Auch Vertreter aus der Landespolitik und von den Pfadfindern, der Letzten Generation, der Flüchtlingshilfe und dem Ökumenischen Jugendtreff standen auf der Bühne. Sie sprachen von wehrhafter Demokratie, von Gleichgültigkeit und Partizipation, von Solidarität, von geschichtlichen Parallelen, vom rauen Ton in den sozialen Medien, von willkommen sein. Und immer wieder gab es Applaus.
An vielen Stellen in der Menge plädierten selbstgebastelte Schilder über den Köpfen der Menschen für Vielfalt und warnten, auch humorvoll, vor Rechtsextremismus. Manuela Hullmann war mit Freunden und Familie gekommen, alle präsentierten stolz ihre bunten Schilder. Für Hullmann ist es wichtig, ihren Kindern ein Vorbild zu sein. Denn: „Wenn man nichts dagegen tut, darf man sich hinterher auch nicht beklagen.“
Abschließend richtete auch Thomas Kerkenhoff an alle Anwesenden die Bitte, wählen zu gehen und mit Taten hinter ihren Worten zu stehen. Dass der Wille zum Handeln da ist, zeigte Senden deutlich. „Das macht Hoffnung, das macht Mut“, sagte Bernd Lieneweg, während er in die Gesichter der Anwesenden schaute. „Meine Hoffnung seid ihr alle.“
Etwas mehr auf den Klimaschutz und das Verhältnis der rechtsextremen Partei zur Klimafrage ist Sibylle Arians aus Lüdinghausen eingegangen:
„Senden, mach mit – Nie wieder Rechtsradikalismus“ dazu ruft die „Bürgerinitiative für Demokratie und Vielfalt“ in Senden heute auf. Über 30 Vereine und Verbände beteiligen sich an einer Kundgebung ab 15 Uhr rund um den Laurentiusbrunnen. Es gibt Reden und Musikbeiträge. Eine halbe Stunde vor Demostart (14.30 Uhr) gibt es noch ein Friedensgebet in der Laurentiuskirche.
Hier der Film von TschjorniiProductions (Andreas Krüskemper:https://www.youtube.com/watch?v=3mlx9zCN9hs