8 Gedanken zu „Unsere Wirtschaft und der Boykott von Öl und Gas aus Russland

  1. G.Gebauer

    Guten Tag Herr Lieneweg,

    diesem Kommentar muss man nichts hinzufügen.
    Bitte um Veröffentlichung auf Ihrer Website.
    MfG G.Gebauer
    Ps:
    Historikerin: Selbstverteidigung der Ukrainer ist alternativlos

    Die Bremer Russland-Expertin Susanne Schattenberg hält Rufe nach einer friedlichen Beendigung des Ukraine-Kriegs für weltfremd. „Wenn das ukrainische Volk nicht untergehen will, muss es sich mit aller Kraft militärisch verteidigen“, sagte die Direktorin der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen. Den Einwand, dass Waffenlieferungen das Blutvergießen unnötig verlängerten, bezeichnete Schattenberg als naiv und zynisch. Sich zu ergeben sei für die Ukraine keine Option, weil Russland die Vernichtung des Landes wolle.

    „Die Kapitulation würde den Untergang des ukrainischen Staates, aber auch seiner Nation mit ihrer Sprache und Kultur bedeuten“, warnte die Historikerin. „Der russische Präsident Wladimir Putin hat sehr deutlich erklärt, dass er alles Ukrainische für eine Abart des Russischen hält.“ Außerdem sei nicht zu erwarten, dass die Menschen in einer russisch besetzten Ukraine ruhig leben könnten. Schon in den sogenannten Volksrepubliken in der Ostukraine habe Russland ein Terrorregime installiert, unter dem Menschen willkürlich verhaftet, gefoltert und ermordet würden. !Es gibt nichts, auch kein Völkerrecht, das Putin daran hindern könnte, in der gesamten Ukraine ebenso zu verfahren.“

    Antworten
    1. Bernd Lieneweg Beitragsautor

      Es gibt niemals die eine Wahrheit. Sie ist immer subjektiv. Auch kontroverse Gedanken – wenn sie den Frieden wollen – sind prinzipiell gut.

      „Wenn es zu verhindern gilt, dass die Welt auf eine Katastrophe zusteuert,
      kann nur eine politische Lösung den Frieden wiederherstellen.“
      (Zitat von Charles de Gaulle von 1966)

      Antworten
      1. Bernd Lieneweg Beitragsautor

        Dieser Text einer „amerikanischen Rand-Gruppe“ wurde mir übermittelt. Man kann es kaum glauben, so unfassbar ist das!
        Ukraine – das stand alles im Strategiepapier der RAND Corp.
        von Manlio Dinucci
        zf. Manlio Dinucci analysiert hier eine Publikation eines US-Think tanks vom April 2019. In Russland wird man sie gelesen haben – und sich sicher nicht daran gehalten haben. Es kennt die Strategie aus jahrelanger Erfahrung – und hat sich offensichtlich anders orientiert. Deutlich macht die Studie aber auch: Um das Wohl der Ukrainer scheren sich die US-Strategen keinen Deut – sie sind die Bauern auf dem Schachbrett amerikanischer Geopolitik. Noch braucht man sie – sie zahlen die Zeche für diesen Wahn, genauso wie das übrige Europa, das sich so gedankenlos vor den US-Nato-Karren spannen lässt.
        Der Strategieplan der Vereinigten Staaten gegen Russland wurde vor drei Jahren von der RAND Corporation ausge-arbeitet (il manifesto, 21. Mai 2019 «RAND Corp.: How to overthrow Russia»). Die RAND Corporation mit Sitz in Washington ist «eine globale Forschungsorganisation, die Lösungen für politische Herausforderungen entwickelt». Sie verfügt über ein Heer von 1800 Forschern und anderen angeworbenen Spezialisten aus 50 Ländern, die 75 Sprachen sprechen; sie sind auf Büros und andere Standorte in Nordamerika, Europa, Australien und am Persischen Golf verteilt. Die US-Mitarbeiter von RAND leben und arbeiten in über 25 Ländern.

        Die RAND Corporation, die sich selbst als «gemeinnützige und überparteiliche Organisation» bezeichnet, wird vom Pentagon, der US-Armee und -Luftwaffe, den nationalen Sicherheitsbehörden (CIA und andere), den Behörden anderer Länder und mächtigen Nichtregierungsorganisationen finanziert.

        Die RAND Corp. rühmt sich, an der Entwicklung der Strategie mitgewirkt zu haben, die es den Vereinigten Staaten ermöglichte, als Sieger aus dem Kalten Krieg hervorzugehen und die Sowjetunion zu zwingen, ihre Ressourcen in einer zermürbenden militärischen Konfrontation zu verbrauchen. Der neue Plan für das Jahr 2019 wurde von diesem Modell inspiriert: «Over-extending and Unbalancing Russia», d. h. den Gegner zu zwingen, sich zu überfordern, um ihn aus dem Gleichgewicht und zu Fall zu bringen. Dies sind die Hauptangriffslinien, die in RANDs Plan skizziert werden und auf denen sich die Vereinigten Staaten in den letzten Jahren tatsächlich bewegt haben.

        Zuallererst – so der Plan – muss Russland auf der verwundbarsten Seite angegriffen werden, nämlich auf der Seite seiner stark vom Gas- und Ölexport abhängigen Wirtschaft: Zu diesem Zweck müssen Handels- und Finanzsanktionen eingesetzt werden, und gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass Europa die russischen Erdgasimporte verringert, indem es sie durch amerikanisches Flüssigerdgas ersetzt.

        Auf dem Gebiet der Ideologie und der Information ist es notwendig, interne Proteste zu fördern und gleichzeitig das Bild Russlands nach aussen zu untergraben.

        Im militärischen Bereich müssen Anstrengungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass die europäischen Nato-Länder ihre Streitkräfte in einer Anti-Russland-Funktion verstärken. Die USA könnten eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit und einen hohen Nutzen bei geringen Risiken haben, wenn sie mehr in strategische Bomber und gegen Russland gerichtete Langstreckenraketen investieren. Die Stationierung neuer nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa, die auf Russland gerichtet sind, bietet ihnen eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, birgt aber auch hohe Risiken. Bei der Abwägung der einzelnen Optionen zur Erzielung des gewünschten Effekts – so RAND – wird Russland im Vergleich zu den USA am Ende den höchsten Preis zahlen, aber die USA und ihre Verbündeten werden umfangreiche Ressourcen investieren müssen, die sie von anderen Zielen abziehen.

        Im Rahmen dieser Strategie – so der Plan der RAND Corporation für 2019 – «würde die Bereitstellung tödlicher Hilfe für die Ukraine die grösste externe Verwundbarkeit Russlands ausnutzen, aber jede Zunahme von Waffen und militärischer Beratung durch die USA für die Ukraine sollte sorgfältig kalibriert werden, um die Kosten für Russland zu erhöhen, ohne einen viel grösseren Konflikt zu provozieren, in dem Russland auf Grund seiner Nähe erhebliche Vorteile hätte».

        Genau hier – an dem Punkt, den die RAND Corporation als «Russlands grösste externe Schwachstelle» bezeichnete, die durch die Aufrüstung der Ukraine in einer «kalibrierten Art und Weise ausgenutzt werden kann, um die Kosten für Russ-land zu erhöhen – ohne einen viel grösseren Konflikt zu provozieren» – ist der Bruch eingetreten. Unter dem politi-schen, wirtschaftlichen und militärischen Druck, den die USA und die Nato immer stärker ausübten und die wieder-holten Warnungen und Verhandlungsvorschläge Moskaus ignorierten, reagierte Russland mit einer Militäroperation, die in der Ukraine über 2000 militärische Einrichtungen zerstörte, die nicht von den Kiewer Machthabern, sondern von US-Nato-Kommandos errichtet und kontrolliert wurden.

        Der Artikel, der vor drei Jahren über den Plan der RAND Corporation berichtete, endete mit diesen Worten: «Die in dem Plan vorgesehenen Optionen sind in Wirklichkeit nur Varianten dieser Kriegsstrategie, deren Preis in Form von Opfern und Risiken von uns allen bezahlt wird.» Wir Europäer zahlen jetzt dafür, und es wird uns immer teurer zu stehen kommen, wenn wir weiterhin entbehrliche Spielfiguren in der US-Nato-Strategie sind. •
        (Übersetzung Zeit-Fragen)
        * * *
        Am 8. März 2022 löschte die Zeitschrift Manifesto diesen Artikel nach einer kurzen Online-Veröffentlichung (ilmanifesto.it > ucraina-era-tutto-scritto-nel-piano…) über Nacht auch aus der gedruckten Ausgabe, da ich mich geweigert hatte, der Anweisung des Wahrheitsministeriums nachzukommen und keine Debatte über die Ukraine-Krise zu eröffnen. Damit endet meine langjährige Zusammenarbeit mit dieser Zeitung, in der ich seit über zehn Jahren meine Kolumne The Art of War veröffentlicht habe.
        Manlio Dinucci, Pisa, 10. März 2022
        https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2022/nr-7-22-maerz-2022/ukraine-das-stand-alles-im-strategiepapier-der-rand-corp.html

        Die RAND Corporation forderte die Schaffung der Schrecken, die Sie in der Ukraine sehen
        • Europe, Mythos der Vorteile, Mythos der Unvermeidlichkeit, Mythos der Notwendigkeit, Nordamerika
        Von David Swanson World BEYOND WarFebruar 28, 2022
        Im Jahr 2019 wurde das Tentakel der RAND Corporation des US Military Industrial Congressional „Intelligence“ Media Academic „Think“ Tank Complex einen Bericht veröffentlicht, behauptet, „eine qualitative Bewertung von ‚kostenauf-erlegenden Optionen‘ durchgeführt zu haben, die Russland aus dem Gleichgewicht bringen und überfordern könnten“.
        Hier war eine der „kostspieligen Optionen“, die US-Präsident Barack Obama abgelehnt hatte, aber 2019 bereitete RAND einen Regimewechsel zu Hause vor: „Tödliche Hilfe für die Ukraine“.
        Damit, so RAND, „würde Russlands größte externe Verwundbarkeit ausgenutzt werden. Aber jede Aufstockung von US-Militärwaffen und Ratschlägen an die Ukraine müsste sorgfältig kalibriert werden, um die Kosten für Russland zu er-höhen, die durch die Aufrechterhaltung seines bestehenden Engagements entstehen, ohne einen viel größeren Konflikt zu provozieren, in dem Russland aufgrund seiner Nähe erhebliche Vorteile hätte.“
        Bisher scheint die Kalibrierung in Ordnung zu sein, da ein „viel größerer Konflikt“ noch nicht stattgefunden hat. Aber Kongress-/Parlamentsabgeordnete, Waffenhändler und begeisterte Zuschauer drängen in den Vereinigten Staaten, anderen NATO-Staaten und Russland darauf. Die Vorstellung, diese Dinge richtig „kalibrieren“ zu können, wurde tausendfach widerlegt. Die widerliche Arroganz des RAND-Berichts, der verstärkte militärische und nukleare Bedrohungen Russlands empfiehlt, zeigt, wie blind die Menschen gegenüber den Risiken sein können, die sie schaffen.
        Also, ja, es ist wunderbar, dass die US-Unternehmensmedien plötzlich gegen einen Krieg sind und Proteste unterstützen und mit den Opfern sympathisieren. Man könnte meinen, die US-Medien seien nach all den Jahren und all diesen Kriegen zu solchen Dingen unfähig. Aber denken Sie daran, dass ein angenehm klingender Bericht über „kostenauf-zwingende Optionen“ ein Plan war, den Mord an kleinen Kindern in der Ukraine zu riskieren.
        Und ja, die kriminellen Schläger, die die russische Regierung und das Militär leiten, sind erstaunlicherweise für ihre kriminellen Machenschaften verantwortlich.
        Auch die Entscheidung der ukrainischen Regierung, Gewalt mit Gewalt zu begegnen, nachdem sie in der vergangenen Woche die Zunahme der Gewalt im Donbass weitgehend eingeleitet hatte, ist dafür verantwortlich.
        Aber die Schritte, die die US-Regierung, die ukrainische Regierung und die NATO-Verbündeten in den letzten Monaten, Jahren und Jahrzehnten unternommen haben, um an diesen Punkt zu gelangen, die Weigerung, vollkommen vernünf-tige russische Forderungen zu erfüllen, die ständig eskalierende Militarisierung – diese Regierungen bleiben verant-wortlich diese Dinger auch.
        Der RAND-Bericht hoffte auf gewaltfreie Proteste in Russland. Dass die Russen, die jetzt gegen ihre Regierung wegen ihrer jüngsten Gräueltaten protestieren, das tun, was RAND erhofft hat, bedeutet nicht, dass sie das Falsche tun. Es bedeutet nur, auf die Manipulation des Ergebnisses zu achten.
        Wenn es der US-Regierung gelingt, 2014 einen Staatsstreich in Kiew zu orchestrieren, wo auch die einfachen Menschen – wie immer – berechtigte Beschwerden hatten, und diese Geschichte dann innerhalb von acht Jahren fast vollständig auszulöschen, dann kann sie auch das Ergebnis einer russischen Revolution orchestrieren. Etwas, das sie 1919 erfolglos versucht hat und seitdem versucht hat – etwas anderes, das sie effektiv aus den Geschichtsbüchern gelöscht hat.
        https://worldbeyondwar.org/de/rand-corporation-urged-creation-of-the-horro

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        1. Bernd Lieneweg Beitragsautor

          Was würde Jesus dazu sagen? Christen fragen sich das. Den Theologie-Professor Rolf Wischnath kenne ich noch aus meiner eigenen Schülerzeit. In der FI-Nottuln ist eine leidenschaftlich Diskussion entbrannt, aus der ich hier zitiere (die Namen sind mir bekannt):

          Liebe Frau …, lieber Herr …,
          Vor einem Monat haben Sie, Herr …, … auf die Anfrage „wir hissen die weiße Flagge“ geantwortet. Nun sind wir einen Monat weiter und die Eskalation im Ukraine-Krieg geht weiter. Es sieht nicht gut aus – und eigentlich ist gut ersichtlich, wohin die weiteren, jetzt auch schweren, Waffenlieferungen auch aus Deutschland, führen werden. Die USA sagen es: „Russland darf nicht siegen!“ heißt im Klartext: „wir“, resp. die USA muss siegen … „ein Schelm, wer dabei Böses denkt“? geht es wirklich noch Verhandlungen, oder nur um „Sieg“? Stellvertreterkrieg? Natürlich nicht, Lawrow darf ja nicht recht haben!

          Sie, Herr …, haben zu Beginn in der ersten Gedenkveranstaltung am Brunnen, gesagt, (nur dem Sinn nach, nicht genauer Wortlaut, den weiß ich nicht mehr „Sie möchten nicht in einer Welt leben, in der nur der Stärkere bestimmt“)?? Aber jetzt wird auf „Sieg“ gesetzt, nicht auf Verhandlungen (Ramstein, gestern)

          Sie erwähnen in Ihrer Antwort auf die Anfrage an Herrn …, „es wäre zynisch, den Menschen, die aus Selbstverteidigung zur Waffe greifen, das 5. Gebot entgegen zu halten.“ Da gebe ich Ihnen recht. Aber was zur Zeit den Menschen, die sich seit Jahren, einige sogar Jahrzehnten, in der Friedensbewegung engagieren an „Zynismus“ vorgeworfen wird, von allen möglichen Seiten (Lambsdorff: „fünfte Kolonne Putins“, von Wolfgang Thierse, von Winfried Nachtwei, eh. MdB der Grünen usw.), das halte ich persönlich für hanebüchen. Sehen wir noch das Ganze? Wenn ich mir die Medien ansehe, die Zeitungen, Überschriften wie z.B. in der WN vom 13.4. „Das Böse in Reinform“ (Ricarda Lang) „Ist Pazifismus zynisch“ WN 19.4. etc., dann weiß ich nur eins: da werden wieder Feindbilder befördert, zementiert, „wir sind die Guten“, wir stehen auf der richtigen Seite, und die andern, ja die Russen sind die Bösen (in Reinform), Putin ist der“Teufel“…

          Und kommt dann nicht unterschwellig so ein wohliges WIR-Gefühl auf? (so viele – fast die ganze Welt – gegen Putin!- da kann ja nichts schief gehen, den werden wir schon besiegen?)

          Werden wir?

          Auch Sie, Herr …, verweisen auf alle Länder, die ja jetzt Russland verurteilen. Ja, zu Recht. Aber so wie jetzt viele zur Friedensbewegung sagen, sie müsste doch Putin und Russland viel stärker und nachhaltiger verurteilen und nicht nur „ein Lippenbekenntnis“ abgeben, so meine ich, müssten alle andern, ja die Mehrheit der Gesellschaft, sich mal fragen, warum und was denn im Vorfeld schief gelaufen ist? Wer hat sich denn im Vorfeld gekümmert? Sich wirklich mal informiert, was vorher war.( Denn auch das Naziregime damals fiel nicht vom Himmel… und dass es nur militärisch beendet werden konnte, kann nicht als Blaupause auf alle Zeiten für alle Kriege gelten: denn Hitler hatte im Gegensatz zu Putin noch keine Nuklearwaffe. Die setzte dann die Gegenseite ein…)

          Warum muss sich also Herr Steinmeier für seine angeblich „russlandfreundliche“ Politik entschuldigen? (Klar, mit einem „Teufel“ dar man nicht paktieren?!)

          Und ein Herr Melnyk, Botschafter, (übrigens erklärter Nationalist, kann man nachlesen), darf alle möglichen Frechheiten und Forderungen unkommentiert stellen?

          Das Böse ist in jedem Menschen, das Gute auch. Respekt sollte man jedem Menschen entgegenbringen, vielleicht wäre es gerade eine „Waffe“ , um Machtmenschen zur Vernunft zu bringen, wenn es denn allen wirklich um Frieden, Deeskalation, Ausgleich der Interessen geht?!

          Entschuldigen Sie, dass ich so lang geworden bin – ich wollte eigentlich nur den untenstehenden Text weiterleiten. Weil ich immer noch glaube, dass Kirche eine Aufgabe hat – und nicht dem „Mainstream“ folgen sollte. (Das hat sie schon zu oft getan)

          Mit freundlichen Grüßen,

          Mitteldeutsche Kirchenzeitung, 12. April 2022, von Matthias Kreck und Rolf Wischnath.

          Die Jesusfrage. Radikales Friedensevangelium.

          Als die Häscher Jesus gefangen nehmen und einer seiner Wegbegleiter ihn mit dem Schwert verteidigt, entgegnet er ihm: „Stecke das Schwert an seinen Ort. Denn wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen.“ Ein Mensch der wie kein anderer unschuldig war, wird zum Opfer von Gewalt und verbietet die Gegenwehr.

          Er folgt damit der Leitlinie, die sich wie ein roter Faden durch sein Dasein zieht: „Wer sein Leben erhalten will, der wird´s verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird´s finden.“ Und er sagt: „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“ Und darüber hinaus heißt es: Liebt eure Feine und tut Gutes, die euch hassen.“ „Segnet, die euch verfluchen.“

          Eindeutiger kann man sich zur Frage, was Jesus dem sagt, der seine Ziele mit Waffengewalt durchsetzen oder sich mit Waffengewalt wehren will, nicht äußern: Der Mann aus Nazareth verbietet Gewalt. Aber bezieht sich das auch auf Gegengewalt? – Ja! Wer das fordert, muss sich fragen lassen, ob er es zu Ende gedacht hat, ob er die Abschaffung des Widerstandsrechtes fordert und ob er ihm die Konsequenzen klar sind. Jesus sind die Konsequenzen klar. Es sind die Konsequenzen, die er für sich selber erwartet und am Kreuz erfährt. Darum kann er von sich und seinen Nachfolgern fordern: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Hier wird nichts abgemildert:

          Wenn Jesus vom Kreuz redet, dann ist es das Kreuz, das er selber tragen musste und an dem er getötet wurde. Es ist das Äußerste, was ein Mensch zu ertragen bereit sein soll.

          Aber das ist nicht das Einzige, was Jesus zu den Konsequenzen sagt. Er verbindet es mit einer Verheißung. In den Seligpreisungen sagt er denen, die Frieden stiften, dass sie „Gottes Kinder“ heißen werden. Und denen, „die da Leid tragen“ – und Leid wird denen, die sich nicht mit Gewalt wehren, drohen -, sagt er: „Denn sie sollen getröstet werden“. Zusammengefasst ist das der wahre Frieden.

          Wie könnte im Ukraine-Krieg wahrer Friede aussehen, wenn die Menschen hüben und drüben diesen Maximen gefolgt wären und dem Gekreuzigten auch jetzt noch folgten? Die Antwort hat zwei Seiten: eine überprüfbare und eine, die auf Hoffnung baut. Die überprüfbare wäre: Es wäre unendliches Leid vermieden worden.

          Denn was ist die Bilanz des nun bereits über Wochen andauernden Krieges? Der Waffengang in der Ukraine hat schon jetzt tausende Menschenopfer gekostet. Gefangennahmen und Versklavungen und Vergewaltigungen finden statt. Zerstörungen unvorstellbaren Ausmaßes geschehen. Flüchtlingsströme ziehen von Ost nach West. Ein Einsatz von Atomwaffen droht. Es ist sogar in der Logik des Abschreckungssystems wahrscheinlich, wenn der Unterlegene im Krieg seine letzte Karte ausspielt. Unbeschreibliche Hungersnöte entstehen in den Ländern des Südens, die bislang aus der Kornkammer Ukraine ernährt worden sind. Sie sind schon eingetreten – zusätzlich zu den unzähligen Hungersnöten, die aus unserem Gesichtskreis entschwunden sind.

          Auch die Sanktionen gegen Russland sind Kriegsmittel. Sie werden eine unvorstellbare Armut zur Folge haben – nicht für Putin, seine politischen Speichellecker oder die sogenannten Oligarchen, sondern für die „kleinen Leute“ in der Weite Russlands, die schon jetzt nicht Brot und Wasser genug zum Leben haben. Und: Aufrüstung, Aufrüstung, Aufrüstung. Nicht zuletzt: Hass, Hass, Hass. Der Krieg in der Ukraine ist schon jetzt grenzenlos geworden. Und die Kämpfe können noch Jahre dauern – vor allem in den Seelen der Menschen.

          Aber was wäre bei der Alternative geworden? Wir wissen es nicht. Aber wenn Jesus Frieden verheißt, dann hat dieser Frieden zwei Seiten: nämlich die des Friedens Gottes, der höher ist als alle Vernunft, und der sich einmal ganz auf Erden wie im Himmel durchsetzen wird.

          Und auf der anderen Seite ist ein hier und jetzt zu achtendes Postulat, das keinen Menschen aufgibt, die Opfer nicht und noch nicht einmal den Gewaltherrscher im Kreml und erst recht nicht die mit Panzer ausgerüsteten und missbrauchten russischen Soldaten. Einige von ihnen waren nicht bereit, die sich ihnen entgegenstellenden Wehrlosen zu überfahren. Dies mag nur eine Geste gewesen sein. Aber möglicherweise war sie auch die Folge einer Feindesliebe, die diese Soldaten zumindest hat dazu bewegen können, nicht zu schießen.

          Viel „Menschenvernunft“ spricht gegen das Gebot der Feindesliebe. Was alles wäre auf die Menschen in der Ukraine zugekommen, wenn das Land sich mit Mitteln der Gewaltlosigkeit verteidigt hätte? Und welch ein Aufschrei wäre erfolgt, wenn die christlichen Kirchen das in der Nachfolge Jesu Notwendige gesagt hätten?

          Aber wäre denn die Nachfolge Jesu ein höherer Preis gewesen als das alles zerstörende Elend, das nun das Land überzieht? Und sollten Christen nicht auf die höhere Vernunft, auf die Vernunft Gottes vertrauen und auf die Kraft, die Paulus verheißt: „Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist´s eine Gotteskraft.

          = = = =

          Matthias Keck ist Professor für Mathematik. Rolf Wischnath ist Professor für Evangelische Theologie und ehemaliger Superintendent für den Sprengel Cottbus. https://www.meine-kirchenzeitung.de/c-aktuell/radikales-friedensevangelium_a33116

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          1. Bernd Lieneweg Beitragsautor

            Und hier noch der Brief von Winfried Nachtwei, auf den Bezug genommen wurde:
            Zitat:
            „… Dass … für Euch die Verurteilung des russischen Angriffskrieges keine „Worthülse“ ist, glaube ich sofort. Das wollte ich auch nicht persönlich unterstellen.

            Wenn im Aufruf allerdings entscheidende Kriegsziele nicht beim Namen genannt werden (gegen die Existenz der Ukraine gerichtet, Wiedererrichtung des großrussischen Imperiums), dann läuft das auf eine verharmlosende „Minimalverurteilung“ hinaus. In verstärkter Weise beobachtete ich eine solche „Minimalverurteilung“ mehrfach bei den Samstagskundgebungen von DFG-VK, Friedenskoperative u.a. vor dem münsteraner Rathaus wie auch beim Appell „Nein zum Krieg (…) Keine Hochrüstung ins Grundgesetz“ und etlichen Ostermarschaufrufen (z.B. in Münster), wo die inzwischen zunehmend gegen die Zivilbevölkerung gerichtete Kriegführung, die systematische Verletzung des humanitären Völkerrechts, kaum bis keine Erwähnung fand und die Verurteilung oft zu einem bloßen Lippenbekenntnis wurde. Dass bei diesen Kundgebungen auch der DKP-Vertreter die russische Invasion praktisch rechtfertigen durfte, ist unsäglich.

            Dass Deiner Meinung nach die berechtigten Sicherheitsinteressen der baltischen Staaten „hier nicht zur Diskussion stehen“, halte ich ausdrücklich für falsch. Wer von „berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands“ spricht (Aufruf, 2. Absatz), darf von den historisch begründeten Sicherheitsinteressen Polens, der baltischen Staaten u.a. nicht schweigen. Bei der NATO-Osterweiterung war nicht die NATO die treibende Kraft, sondern die Traumata in Mittelosteuropa. Diesen Prozess der Unabhängigkeirsbewegung im Baltikum, deren wechselhaften Okkupationserfahrungen, die Schritte der NATO-Osterweiterung habe ich selbst miterlebt.

            Richtig und notwendig ist immer, die Sichtweise „der anderen“ wahrzunehmen und zu verstehen. Dazu würde dann aber auch gehören, bei den „berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands“ genauer hinzusehen: Dass für Putin der Zusammenbruch der Sowjetunion „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ war, ist verständlich. Aber ist deshalb die Wiedererichtung des Imperiums auf Kosten souveräner Anrainer ein „berechtigtes“ Sicherheitsinteresse? Seit der Orange Revolution von 2004 in der Ukraine war die unbedingte Verhinderung jedes weiteren demokratischen Aufbruchs in und um Russland herum ein primäres Machtziel Putins – „berechtigtes Sicherheitsinteresse“? Schließlich die Interessen des „Putin-Netztes“ von Ex-KGB`lern, Organisierter Kriminalität etc. – „berechtigte Sicherheitsinteressen“?,

            Meinen Kommentar zur Passage des Aufrufs, wo die Ukraine zur Beendigung des militärischen Widerstandes und zu sozialer Verteidigung aufgefordert wird, missverstehst Du als „Vergleich mit dem Naziterror“. Als jemand, der zum realen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, auf den Territorien von Belarus und Baltikum geforscht hat, wollte ich nur auf den kollektiven historischen Erfahrungshintergrund der Bevölkerung in der Ukraine hinweisen, Sie haben erfahren, was Okkupation durch ein staatsterroristisches Regime bedeutet, sie haben erfahren, dass sie sich von diesem NS-Terror nur militärisch befreien konnten.

            Einer solchen Bevölkerung aus dem sicheren Deutschland, dem Nachfolgestaat des Dritten Reiches, Empfehlungen zu geben, sich beim jetzigen Überfall ausschlielich zivil gegen Raketen und Bombardierungen zu verteidigen, ist zynisch.

            Zu den Waffenlieferungen: Verkürzt ist die Gegenüberstellung von „moralisch richtig“ und realpolitischer (notwendiger) Folgenabschätzung. Außer Acht bleibt die Dimension des Völkerrechts und der UN-Charta, die ja nicht weniger als d i e friedens- und sicherheitspolitischen Konsequenzen aus Weltkrieg und Völkermorden darstellen. Gegenüber dem russischen Angriffskrieg nimmt die Ukraine unweifelhaft ihr Völkerrecht auf nationale Selbstverteidigung (Art. 51 Charta) wahr. Dieses Ausnahmerecht ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass das internationale Gewaltverbot überhaupt von den Staaten akzeptiert werden konnte. Hätte die Ukraine nicht ihr Recht der Selbstverteidigung wahrgenommen, würde das dem „Recht des Stärkeren“ Tür und Tor öffnen und zu weiteren Aggressionen ermutigen.

            Ein Grundprinzip der UN-Friedenssicherung ist die grundsätzliche Beistandsverpflichtung. Wird ein einzelnes Land überfallen, entspricht es dem Geist der Charta, ein solches Land zu unterstützen, direkt militärisch oder indirekt durch Sanktionen, Waffenlieferungen etc.

            Und so steht die Staatengemeinschaft vor einem Dilemma:

            – Waffenlieferungen können einen Krieg verlängern, einen schnellen Sieg des Angreifers und eine Kapitulation des Angegriffenen verzögern, vielleicht verhindern

            – unterlassene Waffenlieferungen können einen schnellen Sieg des Angeifers und eine schnelle Kapitulation des Angegriffenen befördern; offen ist, welche Opfer eine dann folgende Okkupation fordern würde (lt. Timothy Snyder, Bloodlands, wären, wenn der NS-Krieg gegen die UdSSR wie geplant gelaufen wäre, 30 Millionen Menschen vertrieben, ermordet, assimiliert und versklavt worden); mit Sicherheit enorm wären die Kollateralschäden für das Völkerrecht und die globale Friedensordung: Aggression würde belohnt und beflügelt, internationale Verwilderung. :

            „Ein Krieg sollte immer vom Ende her gedacht werden“, so Johannes Varwick, früher auch Mal Mitglied unserer GAL Friedens-AG:

            Da hat er Recht – im o.g. Sinne. Zu bedenken sind die mutmaßlichen unmittelbaren menschlichen, sozialen Kriegsfolgen, aber zwingend auch die Nachkriegsfolgen und die mittelbaren Folgen für die internationale Ordnung.

            Erschwert wird dieses „vom Ende her denken“ aber durch den „Nebel des Krieges“ (Clausewitz): Kriege sind durch besonders viel Ungewissheit gekennzeichnet und besonders wenig prognostizierbar.

            Noch eine Bemerkung zum prinzipiellen oder kategorischen Pazifismus für jede Lebenslage.

            Als individuelle oder Gruppenhaltung ist ein solcher Pazifismus völlg legitim. Wenn er nicht in der Gesinnung verharrt, sondern auch als gewaltfreie Konfliktbearbeitung und -lösung praktiziert wird, auch sehr innovativ und lehrreich. (so erfahre ich das beim Bund für Soziale Verteidigung)

            Wer Politik in staatlicher Verantwortung – von der Kommune bis international – betreibt, muss aber von einem kategorischen Pazifismus Abstand nehmen. Denn staatliche Politik beinhaltet als eine Kernfunktion den Schutz der eigenen Bevölkerung vor Kriminalität und illegaler Gewalt mit Hilfe des staatlichen Gewaltmonopols, das verhältnismäßig und mit dem Vorrang der Gewaltvehütung umzusetzen ist. …

            Winfried Nachtwei, Münster
            http://www.nachtwei.de
            http://www.domainhafen.org (aktuelle Beiträge)“

          2. Bernd Lieneweg Beitragsautor

            „Der Teufel muss Dich geritten haben, dass Du Deine kostbare Zeit damit vergeudetest, der Mitwelt zu erzählen, Kriege seien verwerflich, das Leben habe einen höheren Sinn als etwa den, einander zu ärgern, zu betrügen und den Kragen umzudrehen, und es müsse unsere Aufgabe sein, den kommenden Geschlechtern eine bessere, schönere, vernünftigere und glücklichere Erde zu überantworten! … Es ist eine Anmaßung, die Welt, und eine Zumutung, die Menschen veredeln zu wollen. Das Quadrat will kein Kreis werden; auch dann nicht, wenn man es davon überzeugen könnte, dass der Kreis die vollkommenere Figur sei. Die Menschen lehnen es seit Jahrtausenden mit Nachdruck ab, sich von uneigennützigen Schwärmern zu Engeln umschulen zu lassen. Sie verwahren sich mit allen Mitteln dagegen.“ Erich Kästner, Brief an sich selbst.

  2. Joachim+Gogoll

    Hallo Bernd,
    danke, dass Du mich erwähnt hast. Ich kann Frau Schattenberg und Frau/Herrn Gebauer nur zustimmen und bin froh, dass ich auf anderem Wege zur gleichen Meinung gekommen bin. Positionen, wie die von Jürgen Grässlin, teile ich zum Teil nicht. Aber da bin ich nicht alleine.

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