Senden. Er sei kein Revoluzzer, sagte Joachim F. Gogoll, aber sein Motto sei das von Attac: „Eine andere Welt ist möglich.“ Wie die große Mehrheit der Europäer will er ein Europa der Demokratie, kein Europa des ungezähmten Kapitalismus. Das Thema Fluchtursachen ging er in seinem Vortrag letzte Woche in dieser Überzeugung an. Der Sprecher von Attac-COE referierte auf Einladung der Agenda21Senden im gut gefüllten Saal von Niemeyers und holte dabei weit aus. Natürlich wollten die Flüchtlinge nach Europa, weil sie hofften, dass es ihnen dort besser gehe, aber sie deswegen als Wirtschaftsflüchtlinge zu diffamieren, sei unfair. Zu hinterfragen sei vielmehr, warum es den weltweit mehr als 60 Mio. Flüchtlingen in ihrer Heimat so schlecht gehe, und dafür nannte er zahlreiche Gründe, die zum großen Teil auf den ungezügelten Kapitalismus der ersten Welt zurückzuführen seien. „Die meisten Menschen verlassen ihr Land, weil sie ihr Leben und das ihrer Familien als bedroht ansehen; hauptsächlich durch Kriege und schwere Hungersnöte. Und zu beidem trägt der Westen massiv bei: durch Waffenexporte, Landgrabbing, Klimawandel als Folge von Umweltverschmutzung, aber auch durch Verdrängung einheimischer Produkte durch Verkauf stark subventionierter Erzeugnisse, Nahrungsmittelspekulationen und Ausbeutung von sogenannten Billiglohnarbeitern. Letztlich lassen sich die Fluchtursachen weitgehend auf die Profitgier der Großkonzerne einerseits und die derzeitige Geiz-ist-geil-Mentalität der Verbraucher reduzieren. Von dieser Erkenntnis ausgehend ist es nicht mehr schwer, effektive und tragbare Lösungen zu finden. Waffenexporte, Landgrabbing und Nahrungsmittelspekulationen gehören verboten, die Welt muss endlich ernsthafte Anstrengungen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes unternehmen, und den Arbeitern müssen faire Löhne bezahlt werden. Durch Einführen einer geringen Börsenumsatzsteuer von 0,5%, kann den Opfern der Spekulationen geholfen werden. Wer denkt, dass diese Ziele utopisch sind, sollte nicht vergessen, welche Macht er als Verbraucher hat. Wenn wir unser Kaufverhalten bezüglich Menge und Qualität sinnvoller und verantwortungsbewusster gestalten, können wir selbst Großkonzerne zwingen, Umweltstandards einzuhalten und für menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu sorgen,“ führte Gogoll aus.
Alle Anwesenden waren sich in der anschließenden Diskussion darüber einig, dass diese Art von Konsum nichts mit Verzicht zu tun hat, sondern eine absolute Notwendigkeit ist, die der Umwelt, den Menschen in den Flüchtlingsländern und letztlich uns selbst und unseren Kindern zugute kommt.