Vortrag von Sven Plöger in der Aula des Gymnasiums in Dülmen am 24.10.2012
Titel: „Klimawandel: Gute Aussichten für morgen?“
Der ARD-Meteorologe Sven Plöger hat in seinem Vortrag über die Zukunft und die Notwendigkeit der Energiewende zwar nicht unbedingt das Rad neu erfunden, aber doch unterhaltsam und gelungen die Thematik auf den Punkt gebracht und versucht, den zahlreichen Zuhörern von der oftmals vorherrschenden Katastrophen-Sicht zu einem positiveren, konstruktiven Zugang zur Klimaproblematik zu verhelfen. Es bestehe die Gefahr, so Plöger, durch Angst nur Verunsicherung, Misstrauen und schließlich Ignoranz in der Bevölkerung hervorzurufen, was die Fortschritte in der Energiewende stagnieren lasse.
Er illustriert in seinem Beitrag zu den Dülmener Energietagen zunächst die Sachlage; wir haben demnach aktuell einen Ressourcenverbrauch von 1,4 „Erden“, für 2050 werden sogar 2,3 „Erden“ prognostiziert, und verdeutlicht per Rechenbeispiel, warum auch schon die 0,038% menschlichen CO2-Beitrags zur Gesamtmenge des sogenannten „Klimakillers“ (diese Bezeichnung lehnt der Diplom-Meteorologe natürlich strikt ab) eine ziemlich wesentliche Menge im Gashaushalt der Atmosphäre seien.
Doch was nützen all diese Zahlen? „Wetter ist der physikalische Zustand der Atmosphäre […] Klima hingegen die Gesamtheit der Wettererscheinungen in einem geographischen Bereich über 30 Jahre hinweg.“ Darin sieht Plöger ein wesentliches Problem im Verständnis des Klimawandels: Wetter ist eine Momentaufnahme des Klimas, spürbar und sensitiv wahrzunehmen, Klima hingegen ist eine Form von Statistik und lässt sich für den Menschen nicht so leicht erfassen. Wenn sich ein steigender CO-Gehalt in der Atemluft durch stechenden Geruch, oder unangenehme Färbung erkennen ließe, ja sogar alle Menschen deshalb Gasmasken tragen müssten, sei man sich sofort international einig, umgehend etwas gegen den Ausstoß von Treibhausgasen zu unternehmen.
Eine weitere Hürde bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen, wie der Energiewende in Deutschland, bestehe laut Plöger darin, dass die Bevölkerung von der Politik und Lobbyisten durch unpassende Einheiten manipuliert werde: So wirkt die Gesamtheit der Kosten für den Netzausbau und die EEG-Umlage enorm. Unter 60 Euro Umlage pro Haushalt und Jahr könne sich niemand etwas vorstellen, die Summe täuscht. Rational betrachtet, bedeuten 60 Euro im Jahr, gerade mal 5 Euro im Monat, was nur noch 16 Cent am Tag entspricht. Viel wichtiger sei aber der Irrglaube, die Energiewende koste mehr, als keine Energiewende. Risiken, die gehäuft bei fossilen Energieträgern und der Atomenergie auftreten werden, seien nicht in die augenscheinlich (noch) günstigen Energiekosten eingepreist.
Eine andere Begrifflichkeit, an der sich Sven Plöger stört, ist die der Energieeffizienz: Verbrauchte ein VW Golf ehemals 6,4 Liter bei einem Gewicht von 780kg und einer Leistung von 50PS, so ist dieser ineffizienter als ein heutiges Modell. Doch im Verbrauch, der maßgeblich die ökologische Komponente darstellt, liegen beide gleich auf, da ein heutiger Golf 160 Pferdestärken unter der Haube haben müsse und dabei 1270kg wiegt. Was habe man dabei gewonnen? Plöger stellt ebenfalls die Frage, was uns Effizienz bringen solle, wenn es vermehrt zu sogenannten „indirekten Rebounds“ komme: Solarenergie bringt dem privaten Betreiber einer PV-Anlage Geld. „Was macht der mit dem Geld?“ Auf der Projektionsfläche des Beamers erscheint ein nagelneuer SUV.
Aber der Meteorologe stellt nicht nur Fragen, er gibt auch Antworten: Er sieht gerade in der Solarenergie ein enormes Potential. „Die Sonne liefert uns genau 5810mal soviel Energie, wie wir auf der Erde brauchen, wir benötigen lediglich 0,5% der durch Sonnenlicht auftreffenden Energiemenge, um uns komplett selbst zu versorgen.“ Wichtig sei, wenn man die aktuellen Medien betrachte, auch, dass der derzeitige Einbruch in der deutschen Solarindustrie nicht dem Prinzip Solarenergie geschuldet sei, sondern dem internationalem Wettbewerb mit China.
Nach vielen interessanten, wenn auch nicht unbedingt neuen Informationen schließt der Referent seinen Vortrag mit der Botschaft, dass nicht der Stand der Forschung, oder der wirtschaftliche Nutzen die Herausforderung bei der Bewältigung der Energiewende seien, sondern lediglich der politische Konsens. Wir befänden uns somit bei der Realisierung dieses Projekts oft nicht mehr auf rein sachlichen Ebenen, sondern sind angewiesen auf uns selbst, als emotional sehr stark voreingenommene Menschen.
Jan Felix Rennack