„Unser“ Förster Daniel Hook zum Zustand des Staatsforstes (WN)

Daniel Hook zum Zustand des Staatsforstes (WN 12.01.2022)

„Klimaschutz ist auch Waldschutz“

Viele lange Trockenphasen gehen an den Wäldern in Senden nicht spurlos vorbei. Förster Daniel Hook ist für den Staatsforst in Senden zuständig. Dazu gehören das Venner Moor und die Davert. (fro)

Viele lange Trockenphasen gehen an den Wäldern in Senden nicht spurlos vorbei. Förster Daniel Hook ist für den Staatsforst in Senden zuständig. Dazu gehören das Venner Moor und die Davert. (fro)

SENDEN. Im Waldzustandsbericht NRW für 2021 ist von leichten Verbesserungen die Rede. Doch im europäischen Vergleich gilt der deutsche Wald als besonders bedroht. Einer, der sich in Senden hauptberuflich um das Thema kümmert, ist Daniel Hook. Als Förster ist er für den landeseigenen Wald im Venner Moor und in Teilen der Davert zuständig. Im Interview nimmt er Stellung zur aktuellen Situation.

„Herr Hook, ist Förster eigentlich ein Traumberuf?

Daniel Hook: Für mich ist es auf jeden Fall ein toller Beruf. Schon als Jugendlicher habe ich im Pfälzer Wald die Liebe zur Natur entdeckt. Sehr früh hatte ich den Berufswunsch Förster – und ich habe meine Entscheidung bis heute nicht bereut. Ich bin viel draußen. Die Arbeit ist vielfältig und interessant.

Wie ist der Zustand des Waldes in Senden? Hat sich die Situation nach mehreren Dürre-Jahren wieder entspannt?

Hook: Im Sommer 2021 sind im Rahmen der Waldzustandserhebung etwa 10 300 Bäume an 560 Stichprobenpunkten in NRW untersucht worden. Gegenüber 2020 ist das eine leichte Verbesserung. Die Witterung des letzten Jahres mit relativ viel Regen im Sommer hat dazu geführt, dass sich die Bäume etwas erholen konnten. Das war jedoch nicht bei allen wichtigen Baumarten so. Buchen und Kiefern haben sich etwas regeneriert, wohingegen Fichten, aber auch Eichen an Vitalität verloren haben. Da um Senden hauptsächlich Laubmischwälder mit einem relativ großen Eichen-Anteil wachsen, finde ich das bemerkenswert. NRW-weit wurde 2021 bei 55 Prozent der Eichen eine deutliche Kronenauslichtung festgestellt. Dieser Wert lag 1984 nur bei etwa fünf Prozent! Für alle Hauptbaumarten im Land zeigt der Trend seit 1984 eine deutliche Verschlechterung auf. In Senden fallen mir im Staatsforst häufiger geschwächte oder abgestorbene Bäume auf.

Gibt es neben dem Borkenkäfer andere Schädlinge, die Ihnen Sorgen bereiten?

Hook: Eine Auswirkung des Klimawandels ist, dass die Sommer trockener, länger und wärmer werden. Dadurch können sich Insekten, die Bäume als Nahrungsgrundlage haben oder diese zur Vermehrung benötigen, tendenziell stärker vermehren. Zudem könnten sich Arten aus südlicheren Regionen auch bei uns ausbreiten. Im Moment sehe ich jedoch keine Insektenart, die mir Sorgen bereitet.

Sorgt der Eichenprozessionsspinner auch bei den Bäumen für Probleme?

Hook: Die Raupen des Eichenprozessionsspinners ernähren sich von Eichenblättern. Bei einem starken Befall können Bäume dadurch geschwächt werden. Da Eichen im Juni nach dem Raupenfraß neue Triebe ausbilden können – die sogenannten Johannistriebe – können sie darauf reagieren. Im Zusammenspiel mit anderen Insekten oder Pilzen, die Eichen befallen, kann der Eichenprozessionsspinner über eine längere Phase für einzelne Bäume dennoch problematisch werden. In der Regel sind aber die Widerstandskräfte der Eichen so stark, dass sie das kompensieren können.

Sind in Senden größere Neuanpflanzungen geplant?

Hook: Hier im Staatsforst sind relativ kleine Pflanzprojekte geplant. In anderen Regionen in NRW dagegen müssen teilweise ziemlich große Flächen wieder bewaldet werden. Das ist eine große Herausforderung.

Gibt es eine Strategie für den „Waldumbau“ vor Ort?

Hook: Im Waldbaukonzept NRW werden wissenschaftliche Empfehlungen für eine möglichst klimastabile naturnahe Wiederbewaldung gegeben. Mittels Klimamodellierungen und Standortinformationen zu Bodenverhältnissen und anderen Parametern werden relativ klimastabile, artenreiche Zusammensetzungen unter Berücksichtigung natürlicher Prozesse vorgeschlagen. Im Venner Moor wurde zum Beispiel auf den ehemaligen Fichtenflächen in kleinen oder etwas größeren Baumgruppen Stiel- oder Traubeneichen gepflanzt – je nach Bodenverhältnissen. Dazwischen sollen sich unter anderem Birken und Kiefern ausbreiten, die von benachbarten Bäumen abstammen – die sich also auf natürliche Weise dort angesiedelt haben.

Welche Alternativen gibt es für den heimischen Wald, wenn der Klimawandel sogar Buchen gefährdet?

Hook: Klar ist: Je größer die Klimaveränderungen werden, desto schwieriger wird es sein, sich daran anzupassen, sodass Klimaschutz gleichzeitig auch Waldschutz ist. Bei uns können wahrscheinlich künftig klimastabilere Baumarten verstärkt einbezogen werden. Bei einer moderateren Klimaveränderung könnten bei uns beispielsweise Eichen einen noch höheren Anteil einnehmen. Eine andere Form der Klimaanpassung könnte sein, dass sich junge Bäume toleranter gegenüber Trockenheit und Hitze erweisen, als das bei den häufig geschwächten alten Bäumen der Fall ist. Die neuen Sämlinge könnten durch Anpassung an die veränderten Bedingungen bessere Zukunftsaussichten haben. Ein denkbarer Ansatz ist auch, heimische Baumarten, die in wärmeren und trockeneren Regionen wachsen, zum Beispiel Buchen aus Südeuropa, bei uns zu pflanzen. Die Klimaanpassung unserer Wälder ist ein wichtiges Forschungsgebiet an dem intensiv gearbeitet wird. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.“

Wir hoffen, dass unsere kaukasischen Eichen im Venner Moor ein guter Griff waren. Gut angegangen sind sie jedenfalls, und im verregneten Sommer 2021 hatten sie eine gute Chance; die geplante Gießaktion konnte ausfallen.

 

 

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