Hallo und guten Tag,seitdem der Widerstand gegen das Freihandelsabkommen TTIP wächst, erzählen uns die Politiker zunehmend Märchen, um uns diesen Vertrag schmackhaft zu machen. Ein ganz besonders begnadeter Märchenerzähler ist der Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel.
Märchen Nummer 1: Deutschland kann TTIP verhindern
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel versichert: „Sollten die Verhandlungsergebnisse (…) (unserem) Anspruch nicht gerecht werden, ist ein gemeinsames Abkommen aus unserer Sicht nicht möglich, denn am Ende entscheiden Europäisches Parlament, Europäischer Rat und die nationalen Parlamente über die Annahme (…).“
Tatsache: Das ist blühender Blödsinn, denn ob auch die Parlamente der Mitgliedsstaaten das Abkommen beschließen und nicht nur Europäische Gremien, kann erst nach Vorliegen des fertigen Vertragstextes festgestellt werden. Und im Streitfall entscheidet nicht Herr Gabriel, sondern ausschließlich der Europäische Gerichtshof. Im schlimmsten Fall setzt der Europäische Rat das Abkommen gegen die Stimme Deutschlands vorläufig in Kraft. Das heißt, Deutschland sitzt – anders als Gabriel behauptet – in der Falle: Die Politiker haben uns in eine (fast) aussichtslose Lage manövriert. Jetzt kann nur noch der gebündelte Widerstand möglichst vieler Bürger und Bürgerinnen helfen. Unterstützen Sie uns in diesem Kampf und werden Sie Förderin/Förderer von foodwatch.
Märchen Nummer 2 : Keine privaten Schiedsgerichte, um Regierungen zu verklagen
TTIP sieht vor, dass Unternehmen Staaten vor privaten Schiedsgerichten auf Schadensersatz verklagen können, wenn sie ihre Gewinne z.B. wegen Umweltschutzmaßnahmen des Staates als gefährdet ansehen. Viele wissen es nicht, aber in Deutschland hat es so eine Klage sogar schon gegeben! Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hat dafür gesorgt, dass Umweltauflagen für das Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg zurückgenommen werden mussten.
Nun kommt die Märchenerzählung von Sigmar Gabriel: (Ich bin) „der Meinung, (…) zwischen den Vereinigten Staaten und Europa bedarf es eines solchen Sonderabkommens nicht“.
Tatsache: Im CETA-Abkommen mit Kanada – das bereits fertig verhandelt, aber noch nicht beschlossen ist – hat die Bundesregierung einem derartigen privaten Schiedsgericht bereits zugestimmt. Wenn aber bei CETA Schiedsgerichte akzeptiert werden, können diese bei TTIP kaum abgelehnt werden. Steht Sigmar Gabriel zu seinem Wort, muss die Bundesregierung jetzt auf eine Neuverhandlung von CETA pochen. Doch das ist nicht der Fall. Und die Europäische Kommission hat Nachverhandlungen bereits eine Absage erteilt.
Märchen Nummer 3: TTIP stärkt die Verbraucherrechte und die Nachhaltigkeit
Sigmar Gabriel: „Wir sehen die Chancen eines Abkommens auch darin, (den) in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen bislang unterrepräsentierten Themen wie Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerrechte zu größerer Durchsetzungskraft zu verhelfen“.
Tatsache: Mit dieser Äußerung verhöhnt Herr Gabriel sowohl Verbraucher als auch Arbeitnehmer. Denn dieses Ansinnen der Regierung ist durch das Verhandlungsmandat, das die EU-Mitgliedsstaaten der EU-Kommission erteilt haben, nicht gedeckt. Im Gegenteil, das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung im Verhandlungsmandat ist reine Kosmetik. Es soll lediglich dokumentiert werden, inwieweit das Abkommen die „Nachhaltigkeit“ beeinflusst – ohne den Begriff der Nachhaltigkeit überhaupt zu definieren. Von einer Verpflichtung, die Verbraucherrechte zu stärken, ist schon gar nicht die Rede.
Märchen Nummer 4: Niedrigere Verbraucherschutzstandards der USA werden nicht anerkannt
Sigmar Gabriel: „Wenn Verbraucherschutzstandards in den USA niedriger sind als in Deutschland oder Europa, dann können wir sie nicht anerkennen“.
Tatsache: Diese Aussage klingt nur beruhigend, nützt uns aber nichts, wenn unsere Standards abgesenkt werden. Denn das Verhandlungsmandat zielt darauf ab, die Gesetzgebung der beiden Wirtschaftsblöcke „so einander anzunähern, dass der Handel zwischen beiden Seiten erleichtert wird (…)“. Es liegt auf der Hand, dass es bei dieser Annäherung zu Kompromissen und auch zum Absenken Europäischer Standards kommen muss.
Liebe foodwatch-Interessierte, ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Sigmar Gabriel das alles nicht weiß. Dann jedoch bleibt nur die Möglichkeit, dass er uns hinters Licht führt. Beides ist völlig unakzeptabel! Aber ob Märchenerzähler oder Ignorant: Wir werden uns wehren. Doch unser Erfolg hängt auch von der Zahl der Menschen ab, die uns unterstützen. Deshalb, werden Sie jetzt Förderer/Förderin von foodwatch!
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