Streitgespräch in der taz. über Netzausbau mit Patrick Graichen und Wolf von Fabeck
Brauchen wir die neuen Stromtrassen von Nord nach Süd? Zwei Befürworter der Energiewende sind sich alles andere als einig.
Stromtrassen und Windräder in der Nähe von Eisenach, Thüringen. Foto: imago
taz.am wochenende: Sie sind beide Befürworter der Energiewende – beim Netzausbau haben Sie eine gegensätzliche Meinung. Warum halten Sie neue Fernleitungen für erforderlich, Herr Graichen?
Patrick Graichen: In einer Welt, in der 80 bis 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, wird der größte Teil von Windkraftanlagen produziert werden. Davon gehen alle Szenarien aus. Dieser Windstrom wird vor allem in Norddeutschland erzeugt werden, weil die Voraussetzungen dort besser sind. Die größten Verbrauchszentren liegen aber in Bayern und Baden-Württemberg. Die bestehenden Leitungen langen nicht, um die künftig benötigten Mengen zu transportieren. Deswegen werden wir um neue Fernleitungen nicht herumkommen.
Herr von Fabeck, Sie halten neue Fernleitungen für überflüssig. Warum?
Wolf von Fabeck: Es stimmt, dass der Windstrom im Moment hauptsächlich im Norden erzeugt wird, weil man dort mit gleichem Aufwand mehr gewinnen kann. Aber statt neue Fernleitungen zu bauen, was nicht billig ist, kann man auch im Süden eine etwas höhere Einspeisevergütung bezahlen, damit die Windkraft ausgebaut wird. Wir wollen kleine, in sich überlebensfähige Regionen, in denen die Versorgung durch Wind, Sonne und Speicher in der Nähe der Verbraucher gewährleistet wird.