Archiv des Autors: Bernd Lieneweg

Hecken-Pflanzaktion am Schloss – wieder neue Bäume für Senden

Nach dem Pflanzen wird noch ein Zaun in die Hecke gesetzt.

Die Bürgerinitiative „Neue Bäume für Senden“ hatte zu einem Ideenwettbewerb aufgerufen, einige Vorschläge sind eingegangen, wo in den Sendener Ortsteilen noch Bäume oder Sträucher gepflanzt werden können, um der Natur und dem Klima etwas Gutes zu tun. Die Sparkasse hat eine Summe bereit gestellt, um die drei besten Ideen zu belohnen. Über die Verteilung wird noch beraten. Da aber jetzt kurzfristig eine größere zweckgebundene Spende eingegangen war, konnte am vergangenen Samstag Corona-gerecht mit Abstand und in Kleinstgruppen bereits eine Hecke am Schloss gepflanzt werden. „Schlossherr“ Dr. Franz Waldmann hatte zur Vorbereitung einen 80 m langen Graben vor dem Bauerngarten ausbaggern lassen. Die fleißigen Helfer vom Schlossverein, vom Freundeskreis und von der Agenda-Gruppe hatten also relativ leichtes Spiel, 250 Hain- oder Weißbuchen-Setzlinge , die von der Baumschule Sennekamp auf die Minute genau um 10 Uhr geliefert wurden, einzupflanzen, anzutreten und zu wässern. So war das Werk nach gut zwei Stunden vollendet. Die Sendener Bürgerinnen und Bürger, die vor ziemlich genau einem Jahr gespendet hatten, können sich jetzt nicht nur an dem „Kindergarten-Wald“ am Hiegenbusch und dem „Bürgerwald“ am Venner Moor, sondern auch an einer ökologisch wertvollen Hainbuchenhecke am Schloss erfreuen. Entsprechende Hinweisschilder werden noch angebracht.

Fest für Frieden, Demokratie und Toleranz „Hier ist das Volk“ (WN Kreis Coesfeld)

Nottuln – Das Fest für Frieden, Demokratie und Toleranz war ein voller Erfolg. Nach Behördenangaben waren rund 650 Menschen gekommen, um so ein sichtbares Gegengewicht zur Versammlung des AfD-Kreisverbandes zu schaffen.

Von Frank Vogel (WN Kreis Coesfeld) Freitag, 04.12.2020

Solidarisch, vielfältig und ordnungsgemäß mit Masken – die Nottulnerinnen und Nottulner bezogen nicht nur Position, sondern verhielten sich auch diszipliniert. Polizei und Ordnungsamt waren sehr zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung.
Solidarisch, vielfältig und ordnungsgemäß mit Masken – die Nottulnerinnen und Nottulner bezogen nicht nur Position, sondern verhielten sich auch diszipliniert. Polizei und Ordnungsamt waren sehr zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung. Foto: Johannes Oetz

Nottuln ist vielfältig – und Nottuln bezieht Position. Das war die Botschaft des Festes für Frieden, Demokratie und Toleranz, das am Freitag auf dem Kastanienplatz und auf der Stiftsstraße gefeiert wurde. Weit mehr als die erwarteten 500 Zuhörerinnen und Zuhörer – Polizei und Ordnungsamt schätzten rund 650 Personen – waren gekommen, um ein sichtbares Gegengewicht zu der in der Alten Amtmannei stattfindenden Versammlung des AfD-Kreisverbandes zu bieten. Zu dieser waren nach Angaben des Not-Vorsitzenden Martin Schiller zehn Mitglieder und zehn Gäste gekommen.

Initiative und Organisation des Festes hatten die Nottulner Grünen übernommen, unterstützt wurden sie dabei, wie Moderatorin Anke Zandman erklärte, von rund 40 Vereinen, Gruppen, den Kirchengemeinden und allen politischen Parteien Nottulns. Musikalisch mitgestaltet wurde der Abend von den Sambagruppen „Nosamba“ und „Bateria de CoeCoe“, von Ulf Georgiew auf dem Dudelsack und Bluesmusikern, die im Anschluss an die Ansprachen spielten.

Fest für Frieden, Demokratie und Toleranz

Mit einem Fest für Frieden, Demokratie und Toleranz begegneten die Nottulner der Versammlung der AfD-Kreisverbandes.                                                                                                  Foto: Johannes Oetz

Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes fragte sich in seiner Rede, woher die neue „Faszination des Autoritären“ kommt. Immerhin seien 0,6 Prozent der Stimmen bei der Kreistagswahl 2020 an die AfD gegangen. Deren menschenverachtenden Einlassungen hielt Thönnes positive Fakten entgegen: Eine Erinnerungskultur, die Voraussetzung dafür ist, dass nie wieder Menschen ausgegrenzt und ermordet werden, die gemeinsame Anstrengung für eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder, das Engagement für eine Politik der Menschlichkeit, der Integration und des Friedens.

„Aber unsere Demokratie hat auch 2020 noch keinen Ewigkeitswert“, mahnte er. Es gebe Fliehkräfte, die in den vergangenen Jahren größer geworden seien. Die wachsende Polarisierung verschaffe den Populisten Auftrieb. „Sie setzen das Eigene absolut, Kompromissbereitschaft tun sie als Schwäche ab, und ihr ‚Wir‘ ist lediglich eine Verlängerung des eigenen ‚Ich‘“. Überzeugende Lösungen kämen von denen, die die Parteiendemokratie abgeschrieben hätten, nicht. Es müsse aber gelingen, die Menschen zu integrieren, alte Strukturen grundlegend zu öffnen und offen für neue gesellschaftliche Realitäten zu sein. „Vor allem muss es uns gelingen, auch heute wieder glaubhaft und mitreißend Zukunft zu entwerfen.“

Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes

Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes                                                                      Foto: Johannes Oetz

Das ist nicht leicht. „Man muss sich aufraffen für die Demokratie“, zitierte Thönnes Willy Brandts Wort „Mehr Demokratie wagen“. „Die Demokratie ist die Staatsform der Mutigen. Und das sind wir.“

Der AfD habe er nicht die Rolle des Opfers zugestehen wollen, indem er ihr als Bürgermeister die Alte Amtmannei als Versammlungsort verwehrt. Das wäre undemokratisch gewesen, so Thönnes. Vielmehr gebe man der AfD wortwörtlich sogar einen Raum für ihre Meinungen. „Aber diese Meinungen teilen wir ganz und gar nicht.“ Weniger Demokratie sei keine Alternative – nicht für Deutschland, nicht für den Kreis Coesfeld und erst recht nicht „für unser gastfreundliches, schönes Stiftsdorf!“

Genau wie Dr. Thönnes hatte auch Pfarrdechant Norbert Caßens von der Pfarrgemeinde St. Martin auf die Anfrage, ob er sprechen wolle, nicht gezögert. Viele in der Kirche hätten „zu lange geschwiegen – 1933, 1939, 1945 und danach.“ Er werde nicht vergessen, wie AfD-Poltiker Alexander Gauland nach der Bundestagswahl 2017 gesagt habe: „Wir werden sie jagen. Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen. Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“ Dieses Zitat griff Caßens mehrfach auf und hielt seine Meinung dagegen.

Ihn begeistere Demokratie, verwies er auf die Vielfalt, die sich auch in den Plakaten auf dem Kastanienplatz zeige. Er lobte die Redefreiheit, das Ringen um Meinungen, um die Erinnerungskultur, die die Opfer nicht sprachlos zurücklasse, er blicke auf die Barmherzigkeit, „jenen alten christlichen Wert, den wir heute auch Solidarität nennen“, und er denke an alle, die nicht spalten, sondern Menschen zusammenführen – von der Flüchtlingsinitiative bis zur Städtepartschaft und den Vereinen im Dorf.

Pfarrdechant Norbert Caßens

Pfarrdechant Norbert Caßens                                                                          Foto: Johannes Oetz

Allerdings, so Caßens, erlebe er Demokratie nicht nur als Fest. „Sie kann auch anstrengend sein.“ Im Blick auf seine elf Jahre in Nottuln habe er erfahren: „Du kannst nichts tun, nichts sagen, ohne dass nicht irgendjemand wieder was zu meckern hat.“ Aber eben das sei Demokratie: „Arbeit, richtig harte Arbeit“, zitierte er Bundespräsident Frank Walter Steinmeier. Demokratie koste Zeit, Interesse, Energie, Tapferkeit, Unerschrockenheit, Demut des Zuhörens und einen langen Atem.

Demokratien müssten lernfähig sein. In pandemischen Zeiten etwa dürfen Parlamente und Bundestag nicht – der Geschwindigkeit geschuldet – auf der Strecke bleiben. Und Demokratien müssten wehrhaft bleiben. Dazu gehöre die Fähigkeit zur Toleranz. Es dürfe nicht darum gehen, die Vertreterinnen und Vertreter der AfD auszugrenzen. „Aber es geht darum, sich von ihren politischen Haltung und Äußerungen abzugrenzen, ihre Wirkung klar einzugrenzen.“ Er toleriere nicht, wenn Menschen Neid und Hass säen, rassistische und religiöse Ressentiments schüren, Antisemitismus verharmlosen und Geflüchtete dämonisieren.

Der Pfarrdechant kritisierte, dass man sich von der AfD nicht jagen lassen dürfe, indem man Feste nur da feiere, wo diese auftaucht. Er plädierte dafür, zukünftig öfter Feste für Frieden, Demokratie und Toleranz zu feiern, etwa am Europatag am 9. Mai oder am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober. Oder vom 5. bis 12. September, wenn Nottuln sich an der Woche „1700 Jahre jüdisches leben in Deutschland“ beteilige. Dazu lade er auch die AfD-Vertreter ein, denen er zurief: „Schauen Sie aus dem Fenster: Hier ist das Volk – bunt und vielfältig. Hier ist das Land – ein Teil davon, lebendige Demokratie. Hier ist unser Dorf Nottuln – friedlich, demokratisch, tolerant.“

Den kompletten Artikel und alle Bilder findet Ihr hier auf der Kreisseite der WN

Die Agenda21Senden war Mitveranstalter und mit einer Gruppe auch anwesend.

Bernd und Joachim, beide Agenda21Senden und Attac-COE, zeigen das von Joachim entworfene und viel beachtete Banner.

Etwas abseits vor der Martinskirche standen die Landwirte mit ihren Treckern.

Das schöne, beschauliche Stiftsdorf signalisiert in überwältigender Einigkeit: Die AFD ist hier unerwünscht!  Fotos: Sven

 

Gemeinde fördert private PV-Anlagen und erweitert PV am JHG – Grünes Licht für Solarstrom (WN)

Senden – Die Gemeinde Senden möchte die Stromerzeugung aus alternativen Energiequellen voranbringen. Daher hat der Umweltausschuss auf Antrag der UWG ein Förderprogramm für private Photovoltaikanlagen beschlossen. Ebenso folgten die Politiker einem Vorschlag der Verwaltung zum Ausbau der Solaranlage auf dem Dach des Joseph-Haydn-Gymnasiums.

Von Siegmar Syffus, WN, Mittwoch, 02.12.2020, 18:00 Uhr

Ende 2018 wurde auf dem Dach des JHG eine PV-Anlage installiert. Seit August 2019 ist sie mit einer Leistung von 63,4 kWp in Betrieb. Die Anlage darf nur dann auf über 135 kWp erweitert werden, wenn vorab ein Gutachten erstellt wird.
Ende 2018 wurde auf dem Dach des JHG eine PV-Anlage installiert. Seit August 2019 ist sie mit einer Leistung von 63,4 kWp in Betrieb. Die Anlage darf nur dann auf über 135 kWp erweitert werden, wenn vorab ein Gutachten erstellt wird. Foto: Siegmar Syffus

Bis Ende 2025 soll in Senden so viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden, wie vor Ort verbraucht wird. Dieses Ziel hat der Gemeinderat 2019 im Rahmen seiner Klimaschutzresolution klar formuliert. „Da wir mit Windkraftanlagen bisher nicht weiterkommen, sollten wir die Photovoltaikanlagen voranbringen“, begründete Andreas Krüskemper (UWG) am Dienstagabend im Umweltausschuss einen Antrag seiner Fraktion zur Förderung privater PV-Anlagen. Diesem Vorschlag schloss sich das Gremium nach kurzer Diskussion einstimmig an. Darüber hinaus beschloss der Ausschuss – auf Vorschlag der Verwaltung – den Ausbau der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Joseph-Haydn-Gymnasiums.

„Es ist positiv, dass wir Dynamik in den privaten Raum bringen“, unterstützte Prof. Martin Lühder ( CDU ) den UWG-Antrag und schlug vor, auch die Nachrüstung bestehender Anlagen mit (Batterie-)Speichern zu fördern. Es seien 2020 zwar 54 neue PV-Anlagen im Ort errichtet worden, berichtete Rolf Wiederkehr ( Grüne ). Der mit 50 000 Euro gefüllte Fördertopf der Gemeinde sei jedoch nicht ausgeschöpft worden und sollte daher für 2021 auf 60 000 Euro aufgestockt werden. Bürgermeister Sebastian Täger schlug vor abzuwarten, „wie sich der Bedarf entwickelt“.

Einstimmig wurde beschlossen, jede neue PV-Anlage mit 100 Euro pro installiertem kWp (Kilowatt-Peak) zu fördern (maximal 500 Euro). Zusätzlich wird jeder (Batterie-)Speicher mit 100 Euro pro Kilowatt gefördert (höchstens 500 Euro) – das gilt auch für Speicher, die jetzt nachträglich an bereits bestehenden PV-Anlagen installiert werden.

Den kompletten Artikel lest hier.

Bürgerpreis 2020 für Agenda-Mitglieder, Verleihung Corona-gerecht.

Den Bürgerpreis von Senden haben neben vielen anderen Ehrenamtlern auch Karina, Bernd, Robert und Sven bekommen. Zum Starenweg 13 waren Petra und Rainer Tenholt von der Sparkasse gekommen. Herr Tenholt hat die Verdienste verlesen und die Urkunden und Bürgerpreis-Kerzen übergeben. Nach ein paar Minuten waren sie wieder weg. Die Gießkanne der Sparkasse hat unterschiedlich große kleine Löcher. BM Sebastian bedient nur die Großloch-Begossenen.

Mit Abstand und Maske vor Karinas und Svens Haustür: ein Abwasch!

WN-Bericht dazu.

Fest gegen rechts in Nottuln, WN 30.11.2020

WN am 30.11.2020

NOTTULN SCHILLERT BUNT – Fest für Frieden, Demokratie und Toleranz
Die Alternative für Deutschland (AfD) möchte ihren Kreisparteitag in Nottuln abhalten, um sich
wieder neu im Kreis Coesfeld zu gründen.
Viele Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde und des Kreises Coesfeld sehen in der AFD eine
undemokratische Vereinigung, die unsere Gesellschaftsordnung zerstören will.
Wir, die Unterzeichnenden und Mitveranstalter, laden am gleichen Tag zu einem Fest der
Friedfertigkeit, Weltoffenheit und Kultur, der Argumente und des Dialogs ein. Denn wir sind viele – wir sind bunt.
Wir laden ein zu einer Corona-konformen Veranstaltung auf dem Platz vor der Alten Amtmannei und auf der Stiftsstraße.
Am 04.Dezember 2020 beginnt ab 17:00 Uhr das Vorprogramm. Um 17:30 Uhr wird der
Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes und der Pfarrdechant Norbert Caßens sprechen. Danach gibt es noch ein wenig Musik und Kultur, soweit das wegen der strengen Hygenievorschriften
unbedenklich machbar ist.
Auf der Veranstaltung herrscht Maskenpflicht. Die notwendigen Abstände sind einzuhalten. Das
geht leichter, wenn man sich Sitzgelegenheiten mitbringt.
Unbedenklich ist es Transparente, Plakate und Fahnen mitzubringen. Wenn Kerzen mitgebracht
werden, kann der Veranstaltungsort nett beleuchtet werden. Denn es ist Advent, eine Zeit des
Friedens.
Wir haben den längeren Atem – wir sind Demokraten

Aufruf
Nottuln – demokratisch und weltoffen

Um es gleich vorweg zu sagen: Die AfD ist für uns keine Alternative, nicht für Deutschland, nicht für den Kreis Coesfeld, nicht für Nottuln.
Wir stehen für die demokratischen und für die unveräußerlichen Menschenrechte des
Grundgesetzes. Sie sind für uns die Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens
und der Gerechtigkeit in der Welt.
Die Würde des Menschen ist unantastbar – aller Menschen. Alle Menschen sind gleich. Wir stehen für Toleranz, Respekt und gegenseitige Achtung unabhängig von Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft, des Glaubens, der politischen Überzeugung und der sexuellen Orientierung.
Für uns gilt: Nottuln ist offen auch für Fremde. Wir praktizieren eine respektvolle
Willkommenskultur, engagieren uns für Integration und Inklusion.
Wir haben aus unserer Geschichte gelernt: Viele Gedenkstätten in Nottuln – so die Stolpersteine, so die Friedens- und Versöhnungskapelle – weisen auf das Verbrechen des NS hin und halten diese und deren Opfer in Erinnerung. Erinnerung ist die Voraussetzung, dass nie wieder Menschen ausgegrenzt und ermordet werden, nie wieder von Deutschland ein Krieg ausgeht.
Wir unterhalten Städtepartnerschaften nach Polen und Frankreich und engagieren uns so für ein gut nachbarschaftliches Zusammenleben, für ein einheitliches Haus Europa.
Wir setzen uns für Frieden und Abrüstung ein. Unser Bürgermeister ist ein Mayor for Peace.
Wir engagieren uns für eine lebens- und liebenswerte Welt, wollen auch für unsere Kinder eine
lebenswerte Zukunft.
Wir machen uns für eine Entwicklung der Länder des Südens stark, unterstützen Projekte, die
auch dort den Menschen ein menschenwürdiges Leben möglich machen.
Wir stellen uns den Herausforderungen des Klimawandels, leiten in Nottuln einen Klimaaufbruch ein, der den Klimawandel stoppen soll und die Bewahrung der Schöpfung zum Ziel hat.
Wir lernen aus der aktuellen Corona-Pandemie, dass wir gegenseitig sehen und auf uns
aufpassen müssen.
Dies sind unser Verständnis von Politik und die Vision einer Welt – die Grundlage unseres Zusammenlebens in Nottuln und im Kreis Coesfeld.

Für eine Politik der Menschlichkeit, für eine Politik des Friedens!

Unterzeichner in alphabetischer Reihenfolge:
Agenda21Senden
Aktionskreis Joao Pessoa
Attac-COE
Blues in Nottuln
Bündnis 90/ Die Grünen Nottuln + Havixbeck
Bürgerstiftung Nottuln
Centro Social Caruaru e.V.
CDU Nottuln
DGB KV Coesfeld
FDP Nottuln
Flüchtlingshilfe Nottuln
Fridays for Future Nottuln
Friedensinitiative Nottuln
Galerie Hovestadt
GEW Kreisverband Coesfeld
Klimaliste Nottuln
Kolpingfamilie Nottuln
Kulturforum der Sozialdemokratie Münsterland
Nottuln Nachhaltig
Partnerschaftskomitee Fachbereich Chodziez
Partnerschaftskomitee Fachbereich Saint Amand-Montrond
Pfarreirat der Pfarrei St. Martin
P4F (Psychotherapists for Future)
Schapdettener für Schapdetten e.V.
SPD Nottuln
UBG Nottuln
ZAK „Schapdettens Zukunft Aktiv und Kreativ gestalten“

Mit Wind und Sonne in die Zukunft – online meeting zur EEG-Novelle

Link zum meeting am 2.12. (Mittwoch ab 19 Uhr, Einlass schon 30 Min. früher:

https://us05web.zoom.us/j/6142868253?pwd=RldVTnZyVlBNK1NpYVAzeElrZUtYUT09

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Mit Wind und Sonne in die Zukunft? Die Politik tritt auf die Bremse und schützt fossile Energieversorger – auf  Kosten der folgenden Generationen

Das EEG – das Erneuerbare Energien Gesetz – formuliert die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die nachhaltige Energieversorgung in Deutschland und ist das Instrument, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu steuern. Es ist in seiner ökonomischen und ökologischen Tragweite in der Klimakrise wohl kaum zu überschätzen. Derzeit wird ein neuer Gesetzentwurf im Parlament diskutiert und soll ab Januar 2021 in Kraft treten. Durch diese Novelle könnten gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Ausbau erneuerbarer Energien (Solaranlagen, Windanlagen) wirtschaftlich lohnenswert machen und dadurch enorm beschleunigen, was wiederum zu einer Beschleunigung der CO2-Senkung, des Kohleausstiegs, der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Energie- und Verkehrswende und des Erreichens der Klimaziele nach sich ziehen könnte. Eine echte Energiewende, dezentral, demokratisch und sozial, die Bürger beteiligt, wäre die Folge eines gelungenen Gesetzentwurfs und wird sogar durch die EU-Richtlinie vorgegeben. Obergrenzen für den Ausbau müssen gestrichen werden.

Doch genau das verhindert die Politik mit ihrem neuen EEG-Gesetzentwurf: es werden neue Hürden benannt, die den Ausbau erneuerbarer Energien bürokratisch und teuer machen, es soll erschwert oder gar verhindert werden, die selbst erzeugte Energie zu nutzen oder ins Stromnetz einzuspeisen. Von Speichern und dezentraler Versorgung, der Zukunft einer echten Energiewende, keine Spur, und auch Betreiber von Alt-Anlagen sollten besser nachrechnen, ob sie Ihre Solaranlage nicht besser abbauen. Die Bevölkerung wird mit dreisten Rechentricks für dumm verkauft und mit alten Schreckgespenstern wie Versorgungslücken und Strompreis- erhöhungen geängstigt, um teuer subventionierte fossile Energiekonzerne zu schützen. Die Politik möchte als Saubermann erscheinen, offiziell bemüht, eine Energiewende herbeizuführen und das Klima zu schützen. Die Novelle erreicht aber eher das Gegenteil.

Die Kosten tragen wie immer wir alle, vor allem aber unsere Jugend mit ihrem Geld, ihrer Gesundheit und ihrer Zukunft. Wer das für übertrieben hält, unterschätzt die derzeitige Klimakrise und die Möglichkeiten eines zukunftstauglichen EEG. Die Novelle muss also dringend überarbeitet werden.

Doch was genau steht drin im EEG Gesetzentwurf?

Was bedeutet es für PV-Altanlagenbesitzer, für die Klimaziele, für Windanlagenbesitzer und –planer, für klimainteressierte Gewerbetreibende und Investoren oder für Photovoltaik-Interessierte?

Welche Möglichkeiten gibt es für Firmen/Gewerbetreibende/Landwirtschaftsbetriebe?

Ein Vortrag mit anschließender Frage- und Diskussionsrunde soll Klarheit bringen.

 

Die Agenda21Senden lädt alle Interessierten herzlich ein teilzunehmen, aufgrund der Corona Situation ausschließlich online.

 

Vortrag, Fragerunde und öffentliche Diskussion zum EEG-Gesetzentwurf

 2. Dezember 2020 um 19:00 Uhr

Nur online am 2.Dezember 2020 um 19.00 Uhr

Link zum meeting:

https://us05web.zoom.us/j/6142868253?pwd=RldVTnZyVlBNK1NpYVAzeElrZUtYUT09

Wir treffen uns dort auch öffentlich jeden 2. Mittwoch im Monat ab 18.30 Uhr. Was wir vorhaben (auch Musterbriefe usw.), erscheint im blog www.agenda21senden.de

Über die Antwort-Funktion kann man uns  dort auch schriftlich erreichen

 Zum Weiterleiten noch einmal der Zoom-Link zum meeting: https://us05web.zoom.us/j/6142868253?pwd=RldVTnZyVlBNK1NpYVAzeElrZUtYUT09

 Referent*innen:

  Frau Susanne Jung

Geschäftsführerin Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.

  Herr Matthias Kynast

(Geschäftsführer von MK Windkraft (Windkraftbeteiligungsprojekte) und MK SolarStrom (BürgerSOLAR Arnsberg)

Veranstalter 

 

 

Ausführliche Stellungnahme zur EEG-Novelle von Stefan Hiltawsky

Über die EEG Novelle 2021

Stefan Hiltawsky-18.11.2020

• Würdigung 20 Jahre EEG
• Kommentare zum Gesetzentwurf der Bundesregierung
• Szenarien, wie es auf verschiedene PV-Anlagentypen ≤30 kWp wirkt

Würdigung 20 Jahre EEG
Vor über 20 Jahren wurde das erste Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland
eingeführt. Das Gesetz war sehr einfach, konnte von jedem verstanden werden,
hatte Vergütungssätze, die einen kostendeckenden Betrieb einer EE-Anlage
zuließ und hatte einen Umfang von 5 Seiten. Damals war es weltweit das beste
Gesetz zur Markteinführung erneuerbarer Stromerzeuger. Es hat weltweit zu
Innovationen und zur Erreichung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit
erneuerbarer Energien beigetragen. Die darauffolgenden Novellen trugen zum
Teil dem technischen Fortschritt, der Möglichkeit des Eigenverbrauchs, Teilnahme
am Strommarkt und Diversifizierung der Nutzung der erneuerbaren Energien
Rechnung. Andererseits wurde das Gesetz zunehmend kompliziert, was sich in
einem Gesetzesumfang von 139 Seiten und 12026 Anfragen bei der EEGClearingstelle niederschlägt. Diese Komplexität und die Einführung der
reduzierten EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch in 2014 haben zu einem
gesunkenen Zubau insbesondere von PV-Anlagen geführt. Der Zubau von
Windkraftanlagen ist auch aufgrund anderer erschwerten Rahmenbedingungen
aktuell auf sehr niedrigem Niveau. Im Jahr 2000 waren die Hauptargumente
gegen erneuerbare Energien die zu hohen Stromgestehungskosten. Mittlerweile
ist Strom aus erneuerbaren Energien in den meisten Fällen günstiger als Strom
aus neu errichteten konventionellen Kraftwerken. Trotzdem scheint der Ausbau
der erneuerbaren Energien in Deutschland durch die jetzigen
Rahmenbedingungen eher gebremst als gefördert zu werden. Die Chancen der
Marktintegration und das gesamte Potential aller erneuerbaren Energien sind
noch längst nicht ausgeschöpft. Ein EE-Anteil von 50% des deutschen
Strombedarfs in 2020 ist motivierend, die restlichen 50% möglichst schnell zu
erreichen. Die Potentiale und die Technik sind vorhanden. Es fehlen die
zielführenden Rahmenbedingungen.

Hier die komplette Stellungnahme: EEG Stellungnahme_Stefan

Neues aus Berlin zum EEG2021 (von Christian Quast, Verein Sonneninitiative)

Die Clearingstelle EEG hat in Berlin ihr 38. Fachgespräch abgehalten. Die Fachkonferenz zu Anwendungsfragen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschäftigte sich mit den geplanten Änderungen am EEG. Christian Quast vom Verein war da – per Videokonferenz.

Anstrengend war die achtstündige Konferenz schon immer. Im Minutentakt bekommt man komplexe juristische Sachverhalte präsentiert, deren Bedeutungen für die Arbeit des Vereins abzuschätzen sind. Die Bundesregierung, vertreten durch Ministerialrat Dr. Guildo Wustlich, tut einiges dafür, das EEG immer weiter zu komplizieren. Inzwischen können nur noch Juristen und juristisch vorgebildete Spezialisten der Veranstaltung überhaupt noch folgen. Die Ausgestaltung als reine Videokonferenz macht es nicht weniger anstrengend. Ganz im Gegenteil: Im Vergleich zur Präsenzveranstaltung blieb kaum Zeit zum Durchatmen, den Kaffee und die Schnittchen musste man selbst zubereiten.

Aufgabe: Umsetzung des Klimaschutzpakets

Im Zentrum der Novelle des EEG (EEG2021), die am 1. Januar in Kraft treten und die Vorgaben des Klimaschutzpaketes umsetzen soll, stehen die Anlagen nach Ablauf des 20-jährigen Förderzeitraums (Ü20-Anlagen), der Smart-Meter-Rollout, die Eigenversorgung und die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU. Wustlich, Cheftexter des EEG2021, stellte die Änderungen zu Beginn der Veranstaltung vor. Gut für ihn, dass es keine Präsenzveranstaltung war, denn sarkastische Zwischenrufe wären ihm sicher gewesen. Die Kritik bei der Videokonferenz kam leise, aber dennoch heftig, in Form vorgelesener Fragetexte an die Vortragenden.

Das Wirtschaftsministerium geht tatsächlich von einem stagnierenden Stromverbrauch aus, um die 65% Bruttostromverbrauch bis 2030 in „Ausbaupfade“ herunter zu rechnen. Auf die Frage, warum alle Forschungsinstitute deutliche Zuwächse prognostizieren, weil Elektromobilität, grüner Wasserstoff oder Sektorenkopplung (z.B. Heizen mit Wärmepumpe) viel Strom benötigen, redete sich Wustlich heraus: „Das sind alles Blicke in die Glaskugel“.

Ergebnis: Ziel wird leider verfehlt, da Messlatte zu niedrig

Heraus kommt ein hoch angesetzter Zielkorridor von 2,9 bis 5,8 GW im Jahr für den Zubau von Windenergie, der aufgrund der miserablen Genehmigungsquote sowieso nicht erreicht wird, und eine mickrige Zubauquote für Photovoltaik (PV) von unter 2 GW pro Jahr. Hat da jemand Angst vor der besten und billigsten Energieerzeugungsform, der Solarenergie? Entsprechend stark werden die Vergütungssätze für PV in den nächsten Jahren sinken.

PV-Anlagen über 500 kWp auf Dächern müssen künftig in die Ausschreibung. Übel daran: Eigenverbrauch ist dann ausgeschlossen. Viele Projekte rechnen sich dann nicht mehr und werden abgesagt, meinte Simone Peter vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE).

Eigenverbrauch unerwünscht?

Gerade der Mittelstand kann aber durch Eigenverbrauch enorme Kosten einsparen. Unternehmen sollten jetzt nicht zögern, die eigene PV-Anlage auf dem Firmendach in Angriff zu nehmen. Denn die Regierung plant, die Ausschreibungsgrenze weiter zu senken.

Schlecht ergeht es auch den ganz kleinen Anlagen. Alle Bestandsanlagen müssen in den nächsten Jahren mit intelligenter Messtechnik ausgestattet werden. Diese muss vom Netzbetreiber gemietet werden, zu Kosten, die sehr kleine Anlagen unwirtschaftlich machen. Dies kritisierte Holger Schneidewindt von der Verbraucherzentrale NRW. Er sieht im Smart-Meter-Rollout ein Bürokratiemonster: „Warum muss eine 1-kWp-Anlage aus vermeintlichen Gründen der Netzstabilität ein Smart Meter bekommen, der 2,5-kW-Gartengrill aber nicht?“

Bürokratiemonster EEG2021 entfesselt

Auch Jörg Sutter von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) sieht im neuen EEG2021 eine bewusste Behinderung kleiner Anlagen. Geltendes EU-Recht, dass Anlagen unter 30 kWp „diskriminierungsfrei“ Stromproduktion und -verbrauch erlaubt, werde mit Füßen getreten. Auch den rigorosen Gesetzgebungsstil hat Sutter kritisiert: „Die DGS hatte 48 Stunden Zeit für die Stellungnahme zum komplexen Regierungsentwurf“.

Die gute Nachricht für die Sonneninitiative: Ü20-Anlagen ab 30 kWp können nach Berechnungen der DGS immer noch wirtschaftlich weiter betrieben werden. Wenn sie neben der unzureichenden Ü20-Vergütung zur Netzeinspeisung den Strom auch vor Ort verkaufen wollen, müssen sie jedoch messtechnisch nachgerüstet werden.

Fazit:

Noch mehr Vorschriften, noch mehr Messungen, noch mehr Bürokratie. Dafür weniger Strom, weniger Vergütung und weniger Kleinanlagen. Wenn man nicht wüsste, dass unsere Regierung die Energiewende wirklich will, könnte man meinen, alles dies würde nur gemacht, um den Übergang in eine bürgerschaftlich getragene, CO2-freie Energieversorgung zu verzögern und zu behindern.

gez. Christian Quast, www.sonneninitiative.org


Links: Das Programm und die Vortragfolien zum Fachgespräch können Sie hier nachlesen: www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/fachgespraech/38

(v.l.n.r.) Die Moderatoren der Clearingstelle, Alexander Todorovic und Dr. Martin Winkler, Leiter der Clearingstelle, begrüßen Dr. Guido Wustlich vom BMWi.

Die Veranstaltung fand wieder im Hotel Aquino in Berlin statt, allerdings ohne Zuschauer.

Wie Europas Staaten ihre eigenen Klimaziele sabotieren (Investigate Europ)

Man kann es gar nicht glauben!

Eigentlich weiß es jeder, der recherchiert, aber wenn man es so komprimiert vorgetragen bekommt, schockt es doch immer wieder.
Die Lage ist schlicht hoffnungslos (siehe auch aktuelle EEG-Debatte (ohne echte Diskussion) in Deutschland)!
Leider ist der Beitrag etwas lang, aber harte Fakten: So ist das Büro für die Wasserstoffentwicklung in Brüssel von der EU bei der Erdgaslobby untergebracht! Wer weiß das schon … Kein Wunder, wenn Peter Altmaier bei der deutschen Wasserstoffstrategie nichts von Erneuerbaren Energien wissen will. MK

Auch bei Maischberger gestern hat er immer wieder von Wasserstoff und Brennstoffzelle geredet und dabei stets den Lobbyisten aus der Automobilindustrie von der Seite angeschaut. Ich fand das peinlich. So lange wir keinen grünen Wasserstoff in nennenswerten Mengen produzieren, halte ich dieses Geplänkel für verlogen bzw. fremd gesteuert. BL

Wie Europas Staaten ihre eigenen Klimaziele sabotieren (Investigate Europ)

10 Juli 2020
Alexia Barakou
Europäische Regierungen wollen aus fossilen Brennstoffen aussteigen – und finanzieren die jährlich mit mindestens 137 Milliarden Euro. So gefährden sie ihre Klimaziele.
About the investigation
Schmutzige Subventionen
Mit einem ambitionierten Plan wollte die EU in diesem Jahr die Klima-Krise lösen. Doch Mitgliedsstaaten unterwandern diese Bemühungen, wie eine „Investigate Europe“-Recherche zeigt. Denn die EU-Regierungen sowie die Großbritanniens, Norwegens und der Schweiz subventionieren fossile Brennstoffe jährlich mit mindestens 137 Milliarden Euro.
WEITERLESEN“MILLIARDEN-SUBVENTIONEN GEGEN DIE KLIMAZIELE“
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Frans Timmermans, Vizepräsident der Europäischen Kommission: “Wir haben keine Armee, die wir in die Mitgliedstaaten entsenden könnten” (EN)
Rhodos, Juni 2020. Ein herrlicher Sommermorgen im Dorf Soronos an der Küste der Urlaubsinsel im Südosten der Ägäis. Die Bewohner hoffen auf den baldigen Start der Saison. Doch kurz vor Sonnenaufgang dröhnt plötzlich lauter Maschinenlärm vom Meer. Das Tankschiff, „Ice Hawk“ bringt den Brennstoff für das örtliche Kraftwerk, das den Strom für die mehr als zwei Millionen Besucher jährlich liefert. Taucher schließen das Schiff an unter Wasser verlegte Pipelines an, dann drücken die Pumpen 6000 Tonnen Schweröl und Diesel in die Tanks an Land. Der Treibstoff reicht für gerade mal 20 Tage, dann kommt die nächste Lieferung. Das gleiche Schauspiel läuft auch auf der anderen Seite, wo direkt neben der Prasoni-Halbinsel, einem einzigartigen Naturreservat, ein weiteres Kraftwerk mit Öl betrieben wird.
Diese Stromproduktion ist nicht nur schmutzig, sie ist auch teuer. Um den Preis für die Touristen und ihre Gastgeber zu drücken, bezahlt darum der griechische Staat die Tankschiffe und Ölgeneratoren, und das nicht nur auf Rhodos. Genauso läuft es auf Dutzenden weiteren Inseln in der Ägäis. Mehr als eine halbe Milliarde Euro kostet das  – jedes Jahr. Würden die Inseln ans Netz auf dem Festland angeschlossen, ließen sich die Ausgaben binnen weniger Jahre einsparen. Zugleich würde der Ausstoß vom Treibhausgas CO2 für die Inseln um 60 Prozent fallen, weil der Strom auf dem Festland fast zur Hälfte aus sauberen Quellen gewonnen wird.
All das ist seit mehr als 20 Jahren bekannt. Aber geschehen ist lange nichts, denn die Subventionen begünstigen die Schifffahrts- und Ölbranche des Landes und deren Eigentümer, darunter die einflussreichen Familien Latsis und Vardinogiannis, deren Pfründe auch die von den anderen Eurostaaten eingesetzten Kontrolleure der Troika nicht anzutasten wagten. Erst jetzt hat die Regierung beschlossen, zumindest Kreta über Kabel zu verbinden. Dort wird sich der Anschluss nach nur 2,5 Jahren bezahlt machen, kalkulierte das Umweltministerium. Aber für Rhodos und die übrigen Urlauberinseln ändert sich erst mal nichts. „Es ist verrückt, die ganze Welt redet vom Klimaschutz, und wir verschwenden Milliarden Euro, um ein paar Dutzend Ölkraftwerke für die Touristen zu betreiben nur weil unser Staat zu schwach war“, ärgert sich Takis Grigoriou, Greenpeace-Campaigner für Klima und Energie.
Subventionen gegen den “Green Deal”
Solche Widersprüche prägen die Klimapolitik europaweit. Da fordern Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Unterstützung fast aller EU-Partner die „Dekarbonisierung“ der Wirtschaft und die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen verkündet den „Green Deal“ und die „Klimaneutralität“ bis 2050. Doch gleichzeitig fördern Regierungen in ganz Europa mit einer endlosen Reihe von Subventionen und Vergünstigungen den Verbrauch von fossilen Brennstoffen. Das reicht vom steuerbegünstigten Diesel bis zur Stützung der Braunkohleindustrie, von der Steuerfreiheit für die Luftfahrt bis zur Förderung von fossil betriebenen Kraftwerken. So heizen die 30 Staaten der Europäischen Wirtschaftszone plus Großbritannien die globale Erwärmung Jahr für Jahr mit mindestens 137 Milliarden Euro an, ergaben Recherchen des Journalistenteams Investigate Europe. Allein für Deutschland liegt der Betrag bei Zum Vergleich: Das gesamte jährliche EU-Budget beträgt 155 Milliarden Euro.
Besonders begünstigt sind die energieintensiven Industrien wie die Stahl-, Zement- und Chemiebranche. Sie erhalten anders als etwa die Stromproduzenten die vorgeschriebenen Erlaubnisse für ihre Ausstoß an Treibhausgasen kostenlos und sparen so fast 18 Milliarden Euro im Jahr. Mehr als ein Drittel davon geht an nur 20 Konzerne, ermittelte Investigate Europe gemeinsam mit der Umweltorganisation Sandbag (siehe Grafik).
Der verrückte Teil der Klimapolitik, den wir ignorieren
Greta Thunberg
„Diese Subventionen verschwenden öffentliche Gelder, sie sorgen für erhöhte Treibhausgasemissionen und verschlimmern die Luftverschmutzung“, beklagt Angel Gurría, Generalsekretär der OECD und ist sich darin einig mit der Symbolfigur von Fridays for Future, Greta Thunberg. „Dies ist der verrückte Teil der Klimapolitik, den wir ignorieren“, erklärt Thunberg per Youtube-Video. „Wir geben 1000 Mal mehr für die Subventionierung fossiler Brennstoffe aus als für die Lösungen. Das ist eurer Geld, sind eure Steuern und eure Ersparnisse.“
Aber warum halten Europas Regierungen daran fest und sabotieren damit ihre eigene Klimaschutzpolitik? Investigate Europe ist dieser Frage im Gespräch mit Ministern, Kommissaren, Abgeordneten, Lobbyisten und Wissenschaftlern nachgegangen und auf ein dichtes Knäuel aus historisch gewachsenen Abhängigkeiten, politischem Opportunismus und eine fundamentale Fehlkonstruktion der europäischen Gesetzgebung gestoßen.
Dafür steht archetypisch die Förderung des Verbrauchs von Dieseltreibstoff. In fast allen EU-Ländern mit Ausnahme von Belgien zahlen die Verbraucher für Diesel weniger Energiesteuer als für Benzin. Für letzteres reichten die Sätze im Jahr 2017 in 26 untersuchten Staaten von 0,36 bis 0,77 Euro je Liter. Für Diesel werden dagegen nur 0,33 bis 0,69 Euro pro Liter fällig. In Deutschland macht die Differenz 18,4 Cent pro Liter aus. Weil Diesel jahrzehntelang fast nur für LKWs und Traktoren eingesetzt wurde, war das früher eine gängige Methode der Wirtschaftsförderung. Im Jahr 2003 schrieb die EU dies mit einer Energiesteuerrichtlinie sogar ausdrücklich fest. „Für Dieselkraftstoffe, die insbesondere von Güterkraftverkehrsunternehmern verwendet werden, ist eine besondere steuerliche Behandlung (…) vorzusehen“, heißt es darin.
Weil Diesel billiger war, investierte die Automobilindustrie im großen Stil in PKWs mit Dieselmotoren. Deren Anteil bei den Autoverkäufen stieg bis 2015 auf mehr als 50, in Frankreich sogar auf mehr als 70 Prozent. In der Folge fahren zig Millionen Europäer Autos, die mit hohen Stickoxid-Emissionen die Luft in den Städten vergiften und den Klimawandel eskalieren. Zugleich fördert der billige Treibstoff den LKW-Transport über die Autobahnen, der zu Lasten der klimafreundlichen Bahn immer weiter zunimmt. Fast die Hälfte des verbrauchten Dieselkraftstoffs verbrennen die Laster der Logistikbranche.
Regierungen verweigern notwendige Reformen
Doch obwohl der Schaden offenkundig ist, verweigern Europas Regierende die nötige Reform. In Deutschland leugnet die Bundesregierung sogar, dass es sich überhaupt um eine Subvention handelt. Schließlich gebe es den erhöhten Satz der KFZ-Steuer für Diesel-PKW, führt ein Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz an und behauptet, es handele sich „um einen pauschalen Belastungsausgleich des energiesteuerlichen Vorteils“. Aber das stimmt so nicht. Felix Matthes, der Energieexperte des Öko-Instituts und langjährige Regierungsberater hat für Investigate Europe die wahren Kosten des Diesel-Privilegs durchgerechnet, und zwar unter Abzug der höheren KFZ-Steuer und auch der Einnahmen aus der LKW-Maut. Ergebnis: Der Bund verzichtet zugunsten von Dieselfahrern und Speditionen auf Einnahmen von 11,5 Milliarden Euro im Jahr, fast doppelt so viel, wie die Bundesregierung 2019 für die Projekte ihres Klimafonds übrighatte. In den übrigen EU-Ländern geht es um ähnliche Summen. Allein die Staatskassen der zwölf Länder, für die entsprechende Daten vorliegen, kostet das gut 23 Milliarden Euro jährlich.
Selbst nachdem ab 2015 der Betrug der Hersteller bei den Abgaswerten ihrer Diesel-Autos aufgedeckt wurde, möchte keiner der verantwortlichen Minister daran rühren. „Wir wollen die Verbraucher jetzt nicht auch noch mit einem höheren Preis an der Tankstelle bestrafen“, erklärte einer der beteiligten deutschen Beamten, der nicht genannt werden möchte, das Stillhalten seiner Regierung.
Und genauso halten es alle anderen EU-Regierungen. Dahinter steckt die Furcht vor dem Widerstand, der mit den falschen Autos ausgestatteten Bürger und des Transportgewerbes. Denn das hätte schon die Regierung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beinahe zu Fall gebracht. Als diese im Herbst 2018 unter Verweis auf den Klimaschutz die Steuer auf Benzin um 2,9 Cent und die auf Diesel um 6,5 Cent pro Liter anheben wollte, stellte sie das bisherige Förderprinzip auf den Kopf. Weil zuvor die Weltmarktpreise für Öl und Treibstoffe ohnehin stark gestiegen waren und gerade die autoabhängigen Pendler auf dem Land sich benachteiligt fühlten, setzte das eine landesweite Protestbewegung in Gang. Der schlossen sich alsbald auch die LKW-Fahrer zum Nutzen ihrer Arbeitgeber an. Am Ende musste Macron die Reform aufgeben.
Das Kuriose ist: Inzwischen sind selbst führende Manager der Automobilindustrie eingeschwenkt. So forderte jüngst sogar Herbert Diess, Chef des Volkswagenkonzerns, man solle „die Mineralölsteuer in eine CO2-Steuer umwidmen.“ Diesel genieße „immer noch einen Steuervorteil. Das sollte man hinterfragen: Muss der Diesel wirklich für Langstreckenfahrer so attraktiv sein? Ich glaube nicht“. Auch der Abgeordnete Lothar Binding, der langjährige finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, sieht das nicht anders. Er würde das Diesel-Privileg „sofort abschaffen“, versichert er im Gespräch mit Investigate Europe. Aber dafür, so fürchtet er, gibt es keine Mehrheit im Bundestag. „Hier sind alle befangen“, sagt er. „Die meisten fahren selbst einen Diesel.“ Das Gleiche gilt für die Steuervergünstigung auf Dienstwagen, mit denen zahlreiche EU-Staaten den Autoabsatz fördern. Das kostet den deutschen Fiskus noch einmal 3,1 Milliarden Euro im Jahr.
Nicht minder widersprüchlich handeln Europas regierende Klimaretter, wenn es um den Treibhausgasausstoß der Industrie geht. Umweltökonomen empfehlen seit Jahrzehnten, dass die Emissionen so viel kosten sollten, wie die Schäden, die sie anrichten, damit sich Einsparung und neue Technologien lohnen. Darum haben viele Staaten in einem ersten Schritt seit Ende der 90er Jahre „Ökosteuern“ eingeführt, mit denen sie den Verbrauch von Brennstoffen und Elektrizität verteuerten, oft verbunden mit der Rückgabe an die Bürger über die Senkung der Sozialabgaben. Doch wo immer das geschah, stemmte sich die Industrie mit aller Macht dagegen. So auch, als die rot-grüne Regierung in Deutschland ab 1999 das Projekt in Angriff nahm. „Da haben wir damals die Diskussion geführt, wie das die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie beeinträchtigt“, erinnert sich Jörg Rothermel, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der energieintensiven Industrien (eid). In der Folge wurde das „produzierende Gewerbe“ und damit fast die gesamte Industrie weitgehend verschont und musste sich nur zu den Verbesserungen verpflichten, die sich ohnehin bei der Modernisierung ergeben. Allein das senkt die Einnahmen aus der deutschen Energie- und Stromsteuer um mehr als vier Milliarden Euro jährlich.
Viele andere EU-Staaten hielten es ähnlich, und erzeugen so ein verblüffendes Paradoxon: Je ehrgeiziger die Klimapolitik einer Regierung ist, umso mehr Ausnahmen und damit Subventionen gehen damit einher. Wo Staaten statistisch gesehen die Nutzung klimaschädlicher Brennstoffe mit hohen Summen fördern, ist die Klimapolitik oft ein Antrieb dahinter. Das sei „pervers“, räumt ein leitender Beamter der Bundesregierung ein, der anonym bleiben muss, weil sein Minister sich kritischen Fragen zum Thema nicht stellen will. „Wir versuchen, den CO2-Ausstoß zu besteuern und einen Teil der Lenkungswirkung heben wir über diese Ausnahmen auf.“ Aber das sei „Ausdruck der politischen Kräfte und die Begünstigten sind wie die Drogenabhängigen an der Nadel. Die haben das in ihre betrieblichen Kalkulationen eingepreist.“
Emissionszertifikate wurden zur Subventionsmaschine
So geriet der Schutz der Unternehmen vor möglichen Verlusten im internationalen Geschäft zur offenen Flanke der Klimapolitik. Mit dem identischen Motiv schützten die EU-Staaten auch ihre Luftfahrt- und Schifffahrtskonzerne und schrieben die Steuerfreiheit für Flugbenzin und Schiffstreibstoff sogar per EU-Gesetz fest. Und am gleichen Widerspruch droht auch das wichtigste Instrument der europäischen Klimapolitik zu scheitern: der Emissionshandel. Die Idee dahinter, die der kanadische Ökonom John Dales bereits vor 52 Jahren formulierte, ist ebenso einfach wie genial. Anstatt jedem einzelnen Betrieb vorzuschreiben, wie viel Abgas er ausstoßen darf, legen die Staaten lediglich eine jährliche Gesamtmenge fest, die jedes Jahr sinkt. Dafür geben sie eine Art Währung aus, die Emissions-Zertifikate, eines pro Tonne Kohlendioxid. Wer Treibhausgase emittiert muss dafür Zertifikate beim Staat per Auktion erwerben. Dabei haben die Unternehmen zwei Möglichkeiten: Entweder sie investieren in neue Technik, die weniger Abgas produziert und sparen Kosten für benötigten Erlaubnisse. Oder aber sie kaufen Zertifikate hinzu, weil sie wachsen wollen oder eine neue Anlage sich noch nicht lohnt. Im Ergebnis findet der Klimaschutz dort statt, wo er zu den geringsten Kosten zu haben ist. „Cap and trade“, begrenzen und handeln, lautet die Ökonomen-Formel für das System. Und weil die Gesamtmenge immer weiter abnimmt, steigen die Preise solange, bis die Unternehmen emissionsfrei produzieren.
Soweit die Theorie. Doch in der Praxis geriet das System zu einer gigantischen Subventionsmaschine. Denn der Widerstand der Konzerne war massiv. In der Folge gab es erst mal alles umsonst. Zum Start im Jahr 2005 setzten nicht die EU-Institutionen sondern jede nationale Regierung einzeln fest, wie viel Emissionen der Industrie im jeweiligen Land erlaubt waren und teilte die Lizenzen für die mehr als 11000 beteiligten Anlagen freihändig zu. Außerdem konnten Unternehmen sich mit Projekten zur Emissionssenkung in Entwicklungsländern zusätzliche Zertifikate beschaffen. Das inflationierte die neue Abgaswährung und drückte den Preis pro Tonne auf einstellige Euro-Beträge, die ein Jahrzehnt lang kaum Anreiz zur Modernisierung erzeugten. Erst ab 2013 senkten die EU-Staaten gemeinsam die Gesamtmenge der Emissionen verkauften die Erlaubnisse tatsächlich per Auktion. Es dauerte noch mal fünf Jahre, bis die überschüssigen Zertifikate abgeschöpft waren und eine Tonne CO2-Abgas an die 25 Euro kostete. Das drängt jetzt zusehends Kohlekraftwerke aus dem Strommarkt, das System funktioniert.
Aber längst nicht für alle. Denn die vereinigten Industrieverbände aller EU-Länder, vornehmlich die Stahl-, Chemie- und Zementhersteller, beklagten erneut ihre bedrohte Wettbewerbsfähigkeit. Müssten sie für ihre Emissionen bezahlen, „würde das nur dazu führen, dass die Produktion verschwindet und anderswo stattfindet“, erklärt der deutsche Cheflobbyist der betroffenen Branchen, Jörg Rothermel. Dieses Risiko, im EU-Jargon „Carbon Leakage“ genannt, mochten Europas Regenten nicht eingehen. Darum gewährten sie allen Betrieben, deren Produkte mit hohen Emissionen verbunden oder für den Weltmarkt bestimmt sind, die Zertifikate einfach als Geschenk. Als die Lobbyschlacht geschlagen war, umfasste die „Carbon Leakage“-Liste schließlich 170 Produktkategorien. „Das betraf dann mal eben 97 Prozent aller Industrieprodukte“, spottet Jürgen Landgrebe, der langjährige Chef der Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt. Ab 2021 sinkt diese Zahl zwar auf nur noch 66. Aber das ist Kosmetik. „Fast alle Industriebetriebe, die überhaupt nennenswert Treibhausgase emittieren, bleiben auf der Liste“, sagt Landgrebe. Absurderweise müssen nicht mal die Betreiber von Kohleminen sowie Öl- und Gasförderanlagen, die besonders viel Treibhausgase freisetzen, ihre Emissionslizenzen kaufen.  Die Konsequenz: Volle 43 Prozent aller Zertifikate werden frei zugeteilt – ein Milliardengeschenk. Im vergangenen Jahr betrug dessen Wert gemessen am durchschnittlichen Börsenwert, volle 17,8 Milliarden Euro.
Wenige Unternehmen profitieren massiv von den Zertifikaten
Investigate Europe hat mit Hilfe der Umweltorganisation Sandbag jetzt erstmals zusammengestellt, welche Konzerne über alle EU-Grenzen hinweg die meisten Zuteilungen bekommen. Das Ergebnis ist verblüffend: Ein Drittel aller verschenkten Zertifikate geht an nur 20 Unternehmen. Das ergab allein für den Stahlkonzern Arcelor Mittal mit seinen EU-weit 71 Werken im Jahr 2019 eine Zuteilung im Wert von 1,7 Milliarden Euro. Und es wird jedes Jahr mehr. Die Zahl der Zertifikate sinkt zwar um 2,2 Prozent jährlich, aber dafür steigt deren Börsenwert umso höher.
Dabei gibt es bis heute keinerlei Beleg, ob die Industrie tatsächlich abwandern würde, wenn sie für ihre klimaschädlichen Abgase bezahlen müsste. So schrieben die Autoren einer Studie im Auftrag der EU-Kommission 2013: „Wir haben keine Beweise für eine Verlagerung von CO2-Emissionen auf Grund des Emissionshandelssystems gefunden”. Auch eine Untersuchung der London School of Economics kam 2015 zu dem Schluss, „dass die Risiken einer Verlagerung“ infolge hoher CO2-Preise „überbewertet wurden.“ Schließlich gibt es viele weitere Kriterien wie Marktnähe, Arbeitskräfte und Infrastruktur, nach denen Unternehmen über Investitionen entscheiden.
Aber alle Versuche, an diesen und anderen Privilegien zu rütteln, scheitern stets am selben Argument. „Dann heißt es immer, das geht nicht, weil es der Wettbewerbsfähigkeit schadet“, erzählt die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Paus, die seit vielen Jahren die Streichung der Subventionen immer wieder einfordert. „Wann immer wir das versucht haben, hieß es, das werde die deutsche Wirtschaft ruinieren“, bestätigt ihr SPD-Kollege Binding.
Die gleiche Erfahrung machte auch Pascal Canfin, der Vorsitzende des Umweltausschusses im EU-Parlament und Mitglied im Klimarat der Macron-Regierung. „Es heißt, wir subventionieren die fossilen Brennstoffe, aber tatsächlich mindern wir die Energiekosten für diejenigen, die das mit unseren Regierungen verhandeln können“. Das seien „Montags die Bauern, dienstags die Transportunternehmen und Mittwoch wieder andere“, und jede dieser Gruppen sei „fähig, das Land lahm zu legen“. Darum gehe es nicht voran.
Europas Regierungen versprechen immer wieder das Gegenteil
Das Verblüffende ist: Europas Regierungen versprechen immer wieder das Gegenteil. So unterschrieben die Regierungschefs aus Italien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland schon 2009 beim Treffen der G20 im amerikanischen Pittsburgh ein starkes Bekenntnis: „Ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe fördern verschwenderischen Verbrauch, behindern Investitionen in saubere Energiequellen und untergraben die Bemühungen, mit der Bedrohung durch den Klimawandel umzugehen“, hieß es in der Abschlusserklärung und sie versprachen, „mittelfristig ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe auslaufen zu lassen …“ Im Jahr 2013 beschloss auch der Rat der EU-Regierungen ganz offiziell die „unverzügliche Abschaffung von umweltschädlich wirkenden Subventionen“. Doch den Worten folgten keine Taten.
2018 verschrieben sich die EU das Ziel sogar per Gesetz. Nach dem Abschluss des Pariser Klimaabkommens musste sie festlegen, wie sie die Emissionen „in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts“ auf Netto-Null senken wird. Heraus kam das Regelwerk zur „Energie- und Klimaunion“.v Das verpflichtet jeden Mitgliedsstaat zur Vorlage eines „nationalen Energie- und Klimaplans“. Darin müssen Regierungen nicht nur angeben, wie sie das beschlossene Ziel unterstützen, bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen in der EU um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Zudem „sollten die Mitgliedstaaten über Maßnahmen berichten, die sie ergriffen haben, um Energiesubventionen insbesondere für fossile Brennstoffe schrittweise abzuschaffen“, heißt es im zugehörigen EU-Gesetz.
Staaten berichten unzureichend über fossile Subventionen
Investigate Europe hat 22 der vorgelegten Pläne ausgewertet. Das Ergebnis ist ernüchternd. Gleich 15 Regierungen legten keine oder höchst unvollständige Listen über ihre klimaschädlichen Subventionen vor. Und nicht keiner der Mitgliedsstaaten beschrieb, bis wann welche davon auslaufen werden.
Stellvertretend für die kollektive Verweigerung steht die Erklärung der österreichischen Regierung, wonach erst mal „eine Liste von Anreizen und Subventionen zu erstellen ist, die den Klima- und Energiezielen…entgegenstehen“ – gerade so, als ob man in Wien jetzt erst von dem Problem erfahren habe. Auch die deutsche Regierung stellt sich dumm und erklärt, sie habe ihre Energiesubventionen in einem „Forschungsgutachten“ „erstmals auch auf ihre Nachhaltigkeit untersuchen lassen“ und werde nun – zwei Jahre nach dem von ihr selbst beschlossenen gesetzlichen Auftrag – „die Ergebnisse prüfen“. Am weitesten geht die Regierung der Niederlande. Sie behauptet kurzerhand, in ihrem Land gebe es keine klimaschädlichen Vergünstigungen „in dem Sinne, dass Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um die Nutzung fossiler Brennstoffe zu fördern“. Die üblichen Vergünstigungen für Industrie, Autofahrer und LKW-Transporte könnten nur „als Subvention angesehen werden, wenn eine breite Definition angewandt wird.“ Tatsächlich beteiligt sich die Staatskasse in Den Haag sogar direkt mit Milliardenbeträgen an der Förderung von Erdgas, die viel Treibhausgase freisetzt.
Wird also alles beim Alten bleiben? Sind die Europäer reformunfähig, wenn es um ihre schmutzigen Subventionen geht?
Es müssen schärfere Entscheidungen getroffen werden
Frans Timmermans
Frans Timmermans mag sich das nicht glauben. Der holländische Sozialdemokrat ist Vizepräsident der EU-Kommission und leitet das anspruchsvollste EU-Projekt überhaupt: den „Green Deal“, der Europa in die Klimaneutralität führen soll. „Nein“, sagte er im Gespräch mit Investigate Europe, das EU-Klimaziel sei ohne eine Abschaffung der Förderung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe nicht erreichbar. „Aber diese Steuersysteme werden von fast allen Mitgliedsstaaten überprüft, jeder schaut sich das jetzt an. Es müssen schärfere Entscheidungen getroffen werden“, meint Timmermanns. „Die Dinge ändern sich schnell, ich sehe auch ein Umdenken auf der nationalen Ebene.“
Der Schlüssel dazu ist die Reform der seit 2003 geltenden Energiesteuerrichtlinie, die bis heute viele der klimaschädlichen Steuervergünstigungen ausdrücklich festschreibt. Das Uralt-Gesetz biete „de facto Anreize für die Nutzung fossiler Brennstoffe“ und „steht nicht im Einklang mit anderen klimapolitischen Maßnahmen der EU“, resümierte die EU-Behörde im vergangenen September. Würden stattdessen alle Ausnahmen gestrichen und Mindestsätze für die Energie- und Mehrwertsteuer auf fossile Brennstoffe festgesetzt, könnte der Wildwuchs der Vergünstigungen ein Ende finden. Darum machten Timmermans und seine Beamten die Steuerreform zu einem zentralen Baustein des EU-Klimaprogramms. Aber ob es je dazu kommt, ist fraglich. Denn im Steuerrecht hat die EU keine eigene Kompetenz. Verbindliche Entscheidungen können dazu bisher nur einstimmig getroffen werden. Darum ist der gleiche Versuch 2015 schon einmal gescheitert. Damals sperrten sich die Briten, aber auch die deutsche Merkel-Koalition blockierte das Vorhaben. Darum fordern die Brüsseler Architekten des Green Deal nun, die Reform im Rahmen des Umweltrechts per Mehrheit zu entscheiden.
Aber auch die Anwendung dieser sogenannten „Passarelle-Klausel“ würde zunächst eine einstimmige Entscheidung im EU-Ministerrat erfordern. Gleich drei Länder haben bereits Widerspruch angekündigt. Während Malta nur die Steuerfreiheit für die Schifffahrt schützen will, geht es der schwedischen Regierung ums Prinzip. Obwohl sie ausdrücklich das Reformziel unterstützt, besteht sie auf der „einstimmigen Entscheidung in Steuerfragen“ als „Voraussetzung“ für Rechte des nationalen Parlaments. Auch für Polen forderte der staatsnahe Verband der Stromproduzenten, „die Einhaltung dieser Regel sei entscheidend für die Wahrung der Souveränität der Mitgliedsstaaten“. Tatsächlich ist diese Souveränität allerdings nur noch Illusion. Würden einzelne Mitgliedstaaten allein dieSubventionen kappen, würde das die Unternehmen des jeweiligen Landes gegenüber EU-Konkurrenten erheblich benachteiligen. Darum bleibt alles wie es ist. So erweist sich die fehlende Kompetenz im Steuerrecht als fundamentale Fehlkonstruktion der EU-Gesetzgebung – zum Schaden des Klimas.
Aber ein Durchbruch ist trotzdem machbar. Der Weg dahin ist die „verstärkte Zusammenarbeit“, die der EU-Vertrag erlaubt, meint der Belgier Jos Delbeke, der bis 2018 die Generaldirektion Klima der EU-Kommission führte. „Die willigen und größeren Mitgliedsstaaten könnten zum Beispiel eine kleine Steuer auf Kerosin zu erheben“, schlägt der erfahrene EU-Beamte vor. „Das würde den Druck auf andere Mitgliedstaaten erhöhen, sich anzuschließen, und es könnte den Ausstieg aus anderen Subventionen für fossile Brennstoffe beschleunigen.“ An diesem Punkt müsse es ohnehin Bewegung geben, meint Pascal Canfin, Vorsitzender des Umweltausschusses im EU-Parlament. „Dass Fluggesellschaften von einer Steuerbefreiung profitieren und dennoch eine große Summe öffentlicher Gelder erhalten, um ihnen in Krisenzeiten zu helfen”, sei „paradox“, sagte Canfin. „Das Thema der Kerosinsteuer wird sicherlich wieder auf den Tisch kommen“.
Regierungsausschuss für die “ökologische Transformation”
Eine der größeren EU-Regierungen entwickelt für den weiteren Weg sogar einen Plan: In Italien hat sich die Koalition der Sozialdemokraten mit der Bewegung Fünf Sterne das zumindest vorgenommen. „Wir werden die Subventionen für fossile Energien abschaffen“, versprach Laura Castelli, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. Darum gibt es seit Februar den Regierungsausschuss „ökologische Transformation“, in dem vier Ministerien über die Liste von umweltschädlichen Subventionen und deren Überwindung zu beraten. „Der Plan der Regierung ist aber nicht, diese Subventionen zu streichen“, erklärt einer der Beteiligten. „Wir werden stattdessen versuchen, einen Weg zu finden, dieses Geld in die Zukunft, in grüne Investitionen zu umlenken.“
Genau das könnte auch der Königsweg sein, um den Emissionshandel vom Kopf auf die Füße zu stellen. Neuerdings plädieren da sogar Manager der Stahl-, Chemie- und Zementindustrie für einen grundlegenden Umbau des Systems. Denn die Gratis-Zuteilung der Abgas-Zertifikate ist „ein süßes Gift“, warnt Jörg Landgrebe, dem deutschen Chefaufseher für den Emissionshandel. Eigentlich hätten Konzerne längst beginnen müssen, ihre Produktion zu „dekarbonisieren“. Stahl könnte mit Wasserstoff statt Kohlenstaub aus Eisenerz gewonnen werden. Der schwedische Stahlkonzern SSLB errichtet bereits eine Pilotanlage. Auch die Chemieindustrie könnte auf Wasserstoffbasis statt mit Erdöl produzieren, und dabei sogar abgefangenes Kohlendioxid zu neuen Produkten verarbeiten. Das könnte die Zementindustrie liefern. Der deutsche Konzern Heidelberg-Cement, bisher EU-weit drittgrößter Empfänger von kostenlosen Emissionslizenzen, errichtet eine erste Versuchsanlage zur Abscheidung des Gases in Belgien und hat angekündigt den Konzern auf Klimaneutraliät zu trimmen. All den neuen Technologien ist jedoch eines gemein: Sie sind erst mal sehr teuer.
Die derzeitige Praxis im Emissionshandel „schützt aber nur die bestehenden Altanlagen“, erklärt der Ökonom Matthias Buck, der nach zehn Jahren Arbeit für die EU-Kommission die Leitung der Energieabteilung bei der europäischen Denkfabrik Agora übernommen hat. Der Preis für die Abgas-Zertifikate liege wegen der freien Zuteilung „deutlich unter dem Niveau, das für Investitionen in kohlenstoffarme oder kohlenstofffreie Technologien erforderlich ist.“ Viele Stahlwerke, Chemie- und Zementfabriken erreichen jedoch im nächsten Jahrzehnt das Ende ihrer Laufzeit. Die Unternehmensvorstände müssten eigentlich „jetzt entscheiden“, erfuhren Buck und seine Kollegen bei ihren Gesprächen mit den verantwortlichen Managern. Aber sie wüssten nicht, wohin es in Europa gehen wird.
Eine Kohlenstoff-Abgabe für Importe
Die Lösung liegt womöglich bei den Zollstationen an den EU-Außengrenzen. Dort wird die EU, wenn es nach den Plänen der Kommission geht, ab 2023 eine Kohlenstoff-Abgabe auf alle Importe erheben, und zwar so viel wie es kosten würde, für die mit ihrer Herstellung verbundenen Treibhausgase Emissionszertifikate in Europa zu kaufen. Kommt es dazu, würde das mit einer „ernsthaften Einschränkung der kostenlosen Zuteilung einher gehen“, kündigt Green-Deal-Kommissar Timmermans an. Das würde gleichzeitig den Preis hochtreiben und die Industrie vor der befürchteten unfairen Konkurrenz aus dem Ausland schützen, während die neuen Technologien rentabel werden.
Ob das durchsetzbar ist, ist freilich noch unklar. Denn zwangsläufig würden alle entsprechenden Produkte vom Stahlblech bis zum Beton teurer. Der Chemiefachmann Jörg Rothermel, der die deutsche energieintensive Industrie in dieser Frage vertritt, signalisiert denn auch, dass die betroffenen Unternehmen mehr fordern werden. „Wenn der Grenzausgleich wirklich wirkt, wäre das im Prinzip sinnvoll“, sagt er, „aber man müsste dann auch eine Lösung für den Export in Länder außerhalb der EU finden.“ Das sei „für uns ja der größere Teil.“
Dies kann sich auch Kommissar Timmermans vorstellen. „Wir werden alles tun, was wir können mit Subventionen und Forschung, um einen Markt für grünen Stahl zu schaffen, und die Industrie in diese Richtung zu treiben“ und mit der Chemieindustrie führe man „das gleiche Gespräch“, versichert er.  Der Clou wäre: Der Stopp der kostenlosen Zuteilung würde Einnahmen in Milliardenhöhe bringen, mit denen die Staaten emissionsfreie Technik unterstützen könnten.
Subventionen werden sauberer, aber nicht verschwinden
Damit ist absehbar: Die Subventionen werden womöglich sauberer, verschwinden werden sie auf lange Zeit nicht. Doch die Verbraucher und Bürger würden für die Technologie von morgen zahlen, nicht mehr die von gestern.
Diese Erfahrung machen nun auch die Griechen mit dem Öl-Strom für die Touristeninseln. Nach jahrzehntelanger Verzögerung hat die Regierung zwar jetzt deren Anbindung ans Stromnetz auf dem Festland gestartet. Anfang Juni unterzeichnete Umweltminister Kostis Hatzidakis den ersten Milliardenvertrag für die Kabel nach Kreta. Aber damit ist es nicht getan. Der Anschluss der übrigen Inseln wird noch ein Vielfaches davon kosten. Mindestens bis 2030, heißt es im Ministerium, werde man wohl noch investieren müssen.